Fünf Länder grenzen direkt an die Arktis: Russland, Kanada, die USA, Norwegen und – mit Grönland – auch Dänemark. Die bedeutendste Macht in der Arktis ist zurzeit eindeutig Russland. Für Präsident Wladimir Putin ist der hohe Norden eine Priorität. Gern spricht er von Rohstoffprojekten, der Ausweitung der Wirtschaftszone, von Militärbasen und der neuen atomar betriebenen Eisbrecherflotte.
Für Russland sei die Arktis wirtschaftlich und militärisch enorm wichtig, bestätigt Ekaterina Klimenko, Arktisexpertin beim Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri.
USA erheben Machtansprüche
Auffallend passiv waren bisher die USA. Ihr Interesse beschränkte sich auf Bergbau und Ölförderung in und um Alaska, sagt Mathieu Boulègue, Arktisspezialist bei der britischen Denkfabrik Chatham House.
Die US-Eisbrecherflotte ist klein und stark überaltert. US-Aussenminister Mike Pompeo räumt den Rückstand ein. Aber er sei schon oft spät zu einer Party gekommen und habe sich dann köstlich amüsiert. Präsident Donald Trump sorgte inzwischen für Aufsehen mit seinem Vorschlag, Dänemark Grönland abzukaufen.
Und auf dem jüngsten Treffen des Arktischen Rates haute wiederum Pompeo auf den Putz, verbal: Die Zeiten seien vorbei, da sich der Arktisrat – wie es seinen Statuten entspricht – allein mit Ressourcen, mit Umwelt, mit Klimawandel und der arktischen Bevölkerung befassen konnte. Jetzt gehe es auch um Geopolitik, um Strategie, um Streitkräfte, also um Macht. Und er fuhr China in die Parade, das sich in einem Strategiepapier als «fast-arktische Nation» bezeichnet. China sei offenkundig kein arktischer Staat.
Russland ist auf China angewiesen
Auch die anderen Arktisanrainer sehen eine Schlüsselrolle Chinas in der Arktis misstrauisch, durchaus auch Russland, sagt Boulègue. Der russische Widerstand gegen Chinas nordische Ambitionen schwinde jedoch, findet Ekaterina Klimenko. Wegen der Sanktionen als Reaktion auf die Krim-Annexion ist Russland auf chinesisches Kapital angewiesen, um seine teuren Arktisprojekte voranzutreiben. Die Zusammenarbeit wird enger und enger.
Dazu kommt, dass sich China und Russland nun sogar als «strategische Partner» bezeichnen. Für Boulègue sind das Lippenbekenntnisse. Er sieht bloss eine momentane Interessengemeinschaft, die dann spiele, wenn es gelte, den Westen herauszufordern und vom aussenpolitischen Chaos-Kurs in Washington zu profitieren.
Für ihn ist die russisch-chinesische Partnerschaft im hohen Norden brüchig. Russland werde in der Arktis nicht «zu viel China» zulassen. Chinas Interesse an Rohstoffen, an Wasserwegen sei für Moskau akzeptabel. Doch echte Mitsprache, gar direkten Einfluss Pekings, wolle man nicht. Er rechnet deshalb mit steigenden Spannungen.
Noch keine Konflikte in der Arktis
Bisher waren diese in der Arktis niedrig. Trotz widerstreitender Interessen haben die Arktis-Anrainerstaaten ihre Differenzen friedlich beigelegt, etwa mithilfe der UNO-Seerechtskonvention, sagt Klimenko. Inzwischen ist die Rhetorik erheblich schärfer. Immerhin blieben aber konkrete Auseindersetzungen im Terrain aus.
Doch die Atmosphäre verschlechtert sich. Die Nervosität steigt. Es gibt keinerlei Garantie dafür, dass die Arktis die fast einzige Zone der Welt bleibt, die völlig frei ist von gewalttätigen Konflikten.