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Geplante Mine in Serbien Serbisches Lithium für Europa? Die Einwohner wehren sich

Serbisches Lithium soll die EU unabhängiger von China machen. Doch die lokale Bevölkerung befürchtet Folgen für die Umwelt und wehrt sich gegen eine neue Mine.

Zlatko Kokanovic sieht seine ganze Existenz durch die geplante Mine bedroht. Der fünffache Vater betreibt im Dorf Gornje Nedeljice einen Bauernhof. Mit seinen 25 Kühen zählt sein Betrieb zu den grösseren in dieser landwirtschaftlich geprägten Gegend.

Hinter dem Stall zeigt er auf eine nur wenige Hundert Meter entfernte Anhöhe. Hier will die Firma Rio Tinto die Mine bauen. Die Häuser, die zu sehen sind, seien alle schon verkauft.

Auch einige von Zlatkos Feldern stehen auf dem Gebiet der geplanten Mine. Doch er weigert sich zu verkaufen. Er wehrt sich mit anderen im Dorf gegen das Projekt und nimmt es dabei nicht nur mit der eigenen Regierung auf.

Serbisches Lithium für deutsche Autos

Es war eine Überraschung, als Serbiens Präsident Aleksandar Vucic im Sommer erklärte, die Lithiummine solle nun doch gebaut werden. Denn eigentlich hatte er das Projekt vor zwei Jahren beendet. Bereits damals hatte es breite Proteste gegen das Vorhaben gegeben.

Gruppe von Männern in Anzügen, geht durch einen Flur.
Legende: Vucic und Scholz erklärten im Juli 2024 gemeinsam die Wiederaufnahme des Projekts. Der deutsche Bundeskanzler will das europäische Lithium auch für die Autoindustrie. REUTERS / Zorana Jevtic

Beim Auftritt im Juli stand der deutsche Bundeskanzler an Vucics Seite. Die EU unterstützt die geplante Mine. Lithium gilt als Schlüsselrohstoff für die Energiewende. Die EU will mithilfe des serbischen Lithiums unabhängiger von China werden, das den Handel derzeit dominiert. Scholz dürfte es bei seinem Besuch vor allem um die deutsche Autoindustrie gegangen sein. Lithium ist ein wichtiger Bestandteil für Batterien von Elektroautos.

Auch der Protest ist zurück

Viele Menschen sorgen sich um die ökologischen Folgen der Lithiummine. Das Gebiet ist ein für ganz Serbien wichtiger Wasserspeicher. Rio Tinto sagt, man sei sich der ökologischen Verantwortung bewusst. Auch nach Eröffnung der Mine könne hier weiter Landwirtschaft betrieben werden, betont die Chefgeologin des Projektes. Dies gelte selbst für die Felder, die unmittelbar an die Mine grenzten. Auch das Grundwasser werde durch die Mine nicht gefährdet.

Die Gegnerinnen und Gegner des Projektes würden gezielt Falschmeldungen verbreiten, sagt Mediensprecher Milan Zikic. Das vergifte die Diskussion.

Mann hält Bauplan in Landschaft.
Legende: Mediensprecher Milan Zikic zeigt, wie die Gegend aussehen soll. Das Unternehmen verspricht, auch in Zukunft werde im Jadartal Landwirtschaft möglich sein. SRF / Janis Fahrländer

Viele trauen den Versprechen Rio Tintos allerdings nicht. Dies hat auch mit einer generellen Skepsis gegen den Staat zu tun. Umweltauflagen werden in Serbien vielerorts offen missachtet. Es wird befürchtet, dies werde auch in diesem Fall geschehen.

Viele fragen sich zudem, welche Absichten die Regierung verfolgt und weshalb Rio Tinto auch dann noch am Projekt weiterarbeitete, als es vonseiten der Regierung noch hiess, die Mine werde nie gebaut. Tatsächlich hat die Informationskampagne von Rio Tinto letztes Jahr begonnen: monatelang bevor Aleksandar Vucic diesen Sommer die Wiederaufnahme des Projektes angekündigte.

Eine schlüssige Erklärung dafür konnte das Unternehmen auf Nachfrage nicht liefern. Solche Ungereimtheiten befeuern den Protest. Nicht zuletzt deshalb sieht Zlatko die Mehrheit auf seine Seite: «Die Mine wird es nicht geben», sagt er entschlossen am Wohnzimmertisch.

Echo der Zeit, 10.12.2024, 18:00 Uhr

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