Donald Trumps Gesicht zu zeichnen, sei nicht schwierig, sagt Elizabeth Williams. «Trump hat diese markanten Haare, buschige Augenbrauen, diesen kleinen, dicken Mund, eine gerade Nase.» Und sie hat Übung darin, denn der 77-Jährige ist nicht zum ersten Mal vor Gericht.
Williams ist eine von drei Gerichtszeichnerinnen, die mit ihren Werken einen optischen Eindruck davon vermitteln, wie es beim ersten Strafprozess gegen den ehemaligen US-Präsidenten zu- und hergeht. Abgesehen von einigen wenigen Fotos sind das die einzigen Bilder aus dem New Yorker Gerichtssaal, wo keine Kameras zugelassen sind.
Das schwierige Gesicht von Michael Cohen
Mit Ölkreide, Farbstiften und hochwertigem Papier ausgerüstet versucht Williams für ihre Auftraggeberin, die Nachrichtenagentur «Associated Press» (AP), die entscheidenden Szenen einzufangen. Trump selbst sitzt mit dem Rücken zum Publikum, doch Williams versucht, seinen Gesichtsausdruck einzufangen, etwa wenn er sich dem Zeugenstand zuwendet.
Anspruchsvoll seien die, wie Williams es nennt, langweiligen, ausdruckslosen Gesichter: El Chapo, der Drogenkartell-Boss aus Mexiko, habe ihr Mühe bereitet. Es sei ihr auch schwergefallen, Michael Cohens Gesicht abzubilden, als sie ihn bei anderer Gelegenheit habe zeichnen müssen, sagt Williams.
Diese Woche muss sie Trumps ehemaligen Anwalt wieder abbilden. Cohen soll im Auftrag von Trump das Schweigegeld an den Pornostar «Stormy Daniels» gezahlt haben. Das macht ihn zu einem zentralen Zeugen.
Die Letzten ihrer Art
Es ist eine Arbeit mit einer strikten Deadline. Sie habe schlicht keine Zeit, sich zu überlegen, was sie selbst vom Prozess halte. Sie sehe sich als Journalistin, erklärt sie: «Ich kann nicht einfach einige hübsche, künstlerische Bilder von Trump zeichnen. Ich muss die Szene im Gerichtssaal so abbilden, wie sie sich vor mir abspielt.»
Als erfahrene Gerichtszeichnerin müsse sie auch merken, «wenn etwas Wichtiges geschieht», erklärt Williams. «Trump gab einem ehemaligen Mitarbeiter einen ‹Fist Bump›, einen Gruss mit der Faust, als dieser aus dem Zeugenstand trat. Ich sagte den AP-Reportern: ‹Trump hat das gerade getan. Und ich habe es eingefangen.›»
Ihr Beruf sei allerdings auf dem absteigenden Ast, sagt Williams. In einem Teil der US-Gerichtssäle sind nun Kameras zugelassen, Medienhäuser hätten ihre Budgets gekürzt. Die drei Gerichtszeichnerinnen, die den Trumpprozess zeichneten, seien die letzten ihrer Art: «Wir drei sind die, die überlebt haben. Wir sind die letzten Gerichtszeichnerinnen in New York.»
Bilder für die Geschichtsbücher
Bald dürften die Geschworenen im Trumpprozess ihr Urteil fällen. Elizabeth Williams wird diesen Moment einfangen müssen. Trump ist in 34 Punkten angeklagt. Es werde dauern, bis das Urteil verlesen sei. Das verschaffe ihr Zeit, sagt die Gerichtszeichnerin. Der vielleicht wichtigste Moment komme aber danach: die Reaktion auf das Urteil. «Man muss dann auf alles gefasst sein», weiss Williams.
Sie übergebe ihre Werke auch der Bibliothek des US-Kongresses, sagt sie. Tatsächlich haben sie historische Bedeutung: Sie gehören zu den wenigen Bildern vom ersten Strafprozess gegen einen ehemaligen US-Präsidenten.