Zum ersten Mal seit Jahren reden die USA und Iran wieder über das iranische Atomprogramm. Im Sultanat Oman haben Gespräche zwischen den verfeindeten Atommächten stattgefunden. Kürzlich hatte US-Präsident Trump mit Bombardierungen gedroht, sollte Teheran einem neuen Abkommen zur Begrenzung ihres Atomprogramms nicht zustimmen. SRF-Korrespondent Fredy Gsteiger ist im Oman und ordnet ein.
Was weiss man über den Ausgang dieser Gesprächsrunde?
Die Gespräche gingen am späten Nachmittag zu Ende. Mit dem positiven Ergebnis, dass man sie kommende Woche fortsetzen will. Also gibt es offenbar genügend Gemeinsamkeiten, dass beide Seiten an einer Weiterführung interessiert sind.
Die letzten Atomverhandlungen zwischen den USA und dem Iran liegen rund zehn Jahre zurück. Warum spricht man jetzt wieder miteinander?
Natürlich beansprucht der US-Präsident für sich, diese Gespräche nach langer Funkstille zwischen Washington und Teheran mit seiner Politik des «maximalen Drucks» auf Teheran erzwungen zu haben – und mit dem Ultimatum, Irans Atomanlagen anzugreifen, falls es nicht innert zwei Monaten eine diplomatische Lösung gibt.
Das ist aber nicht der einzige Grund. Der Iran fürchtet nämlich ebenso, dass Frankreich, Grossbritannien und Deutschland, die grundsätzlich immer noch zum Atomabkommen von 2015 stehen, einen eingebauten Snapback-, also Zurückschnapp-Mechanismus des damaligen Abkommens aktivieren könnten, und dies schon im Sommer. Und zwar, weil der Iran das Atomabkommen krass verletzt. Damit gälten nicht nur die US-Sanktionen gegen den Iran, sondern auch die internationalen Sanktionen träten wieder in Kraft.
Was wollen die USA erreichen?
Die USA wollen, dass der Iran sein Atomprogramm gänzlich einstellt, also sich verabschiedet vom – nie offen zugegebenen, aber tatsächlich verfolgten – Ziel, Atombomben herstellen zu können. Die Amerikaner wollen überdies das iranische Raketenprogramm begrenzen und Teheran abbringen von seinem aggressiven Kurs gegen Israel.
Was steht für den Iran im Vordergrund?
Die Iraner haben heute unmittelbar vor den Gesprächen hier im Oman klargemacht, dass sie einzig über das Atomprogramm verhandeln wollen und damit verbunden über die Aufhebung von Sanktionen. Die iranische Wirtschaft ist in einem desolaten Zustand, das Regime hat daher grösstes Interesse an einer Lockerung oder Aufhebung von Sanktionen.
Allerdings ist für die Führung in Teheran ein gänzlicher Verzicht auf das Atomprogramm als Gegenleistung kein Thema. Das nukleare Potenzial ist aus Sicht der Mullahs in Teheran die Lebensversicherung oder Überlebensversicherung für ihr Regime – genauso wie das übrigens auch das Kim-Regime in Nordkorea sieht. Das heisst, es ist äusserst unwahrscheinlich, dass die Amerikaner mehr erreichen, als bestenfalls eine Begrenzung der nuklearen Aktivitäten Irans.
Was kann dieser Austausch bewirken?
Im günstigsten Fall wird ein neues Atomabkommen ausgehandelt. Ähnlich wie jenes, das man 2015 schon hatte, das aber von US-Präsident Trump in seiner ersten Amtszeit zur Irritation der meisten Beobachter Knall auf Fall aufgekündigt wurde.
Die USA geben den neuen Verhandlungen nur sehr wenig Zeit. Die Iraner hingegen sagen jetzt schon, das werde länger dauern. Auch da sind also die Differenzen gross. Klar ist: Wenn es substanzielle Verhandlungen gibt mit einem positiven Ergebnis, trüge das zu einer Entspannung in der Region bei. Wenn nicht, droht eine militärische Eskalation mit grossen geopolitischen Auswirkungen. Es geht also um sehr viel.