Nach der massiven Gewalt bei Protesten der «Gelbwesten» vom Wochenende in Paris schickt Frankreichs Präsident Emmanuel Macron nun seinen Regierungschef Edouard Philippe zu einem Treffen mit Vertretern der Bewegung.
Philippes Büro verschob ein ursprünglich für Montag geplantes Gespräch auf Dienstagnachmittag. Heute Montag sprach er zunächst mit der Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo, danach traf er führende Politiker der Opposition.
Eine Protestbewegung ohne Anführer
Präsident Emmanuel Macron hatte Philippe angewiesen, nach einem ergebnislosen ersten Treffen mit «Gelbwesten»-Vertretern am vergangenen Freitag diese Woche weitere Gespräche zu führen.
Ob diese zu einer Beruhigung der Lage führen können, ist allerdings alles andere als sicher. Das Problem: Auf Seite der «Gilets-Jaunes» gibt es keine richtigen Ansprechpartner, die Protestbewegung hat keine hierarchische Struktur, es gibt keine eigentlichen Organisatoren der Proteste.
«Ich bezweifle, dass diese Gespräche viel erfolgreicher werden als der erste Gesprächsversuch vom vergangenen Freitag», sagt SRF-Korrespondent Daniel Voll in Paris.
Am Freitag hatte einer der «Gelbwesten»-Vertreter das Treffen schon kurz nach Beginn verlassen, der andere sprach zwar mit Premier Philippe, doch danach wurde er innerhalb der «Gelbwesten»-Bewegung angefeindet. «Es ist nach wie vor unklar, wer für die ‹Gilets-Jaunes› sprechen kann», so Voll.
Breiter Protest gegen schwierige Lebensumstände
Die Bewegung hatte sich vor einigen Wochen aus Protest gegen eine Erhöhung der Treibstoffsteuer formiert. Mit dieser will Präsident Macron die Energiewende forcieren.
Inzwischen wenden sich die «Gelbewesten» jedoch nicht mehr bloss gegen die Benzinsteuer. Der Protest nährt sich zunehmend von der allgemeinen Unzufriedenheit vieler Franzosen mit ihren Lebensumständen: «Sie spüren die wirtschaftlichen Probleme Frankreichs sehr direkt. Sie fühlen sich vernachlässigt – und das schon lange», sagt der Korrespondent.
Es sei denn auch wenig erstaunlich, dass die Protestbewegung vor allem auf dem Land stark sei. Dort bekämen die Menschen den Abbau im öffentlichen Dienst am stärksten zu spüren: Poststellen schliessen, beim öffentlichen Verkehr wird gespart und nun kommt noch die Verteuerung des Sprits hinzu. Menschen auf dem Land, die auf ein Auto angewiesen sind, sind von dieser Verteuerung besonders betroffen.
Macron wird Abstriche machen müssen
Wenn die Proteste nicht noch mehr ausarten sollen, müsse die Regierung in ihrer bisher strikten Haltung gegenüber den Forderungen der «Gelbwesten» wohl flexibler werden, ist Voll überzeugt.
Nicht nur stellt sich inzwischen die Opposition vor die Protestierenden, auch innerhalb der Regierung mehren sich die Stimmen, die eine Aussetzung der Treibstoffsteuer ins Spiel bringen. Zudem hat Wirtschaftsminister Bruno Le Maire am Montag vor den Medien betont, die Pläne der Regierung für Steuersenkungen müssten beschleunigt werden.
Durch die anhaltenden Proteste der «Gelbwesten» im ganzen Land kommt auch Präsident Macron selber zunehmend unter Druck. Seine Beliebtheitswerte sind im Keller, von den Medien und der Öffentlichkeit erhält er für sein bisheriges Krisenmanagement schlechte Noten. «Auch Politiker, die ihn bisher unterstützten, fordern, dass er die Unzufriedenheit im Volk nicht nur gehört, sondern auch verstanden hat», sagt der Korrespondent.