- Ein Video zeigt erstmals uniformierte und vermummte kroatische Sicherheitskräfte, die Migranten gewaltsam nach Bosnien zurückzwingen.
- Die EU-Kommissarin des Innern, Ylva Johansson, kritisiert die kroatischen Behörden und bezeichnet die «Pushbacks» als inakzeptabel.
- Die kroatischen Behörden weisen die Vorwürfe zurück.
EU-Kommissarin Johansson findet klare Worte: «Die kroatische Regierung muss Antworten liefern.» So kommentiert sie das Video von der bosnisch-kroatischen Grenze. «Was hier geschieht, ist inakzeptabel und sehr beunruhigend.»
Natürlich könnten nicht alle Menschen, die das wollten, in der EU bleiben. Aber: «Die Rechte und Würde aller Menschen müssen respektiert werden. Und natürlich dürfen Menschen an der Grenze nicht geschlagen werden», so Johansson gegenüber der «Rundschau». Die EU-Kommissarin für Migration reagiert damit auf neue Aufnahmen, die von «Der Spiegel» veröffentlicht wurden und SRF vorliegen.
Maskierte Männer
Das Video wurde von einem Asylsuchenden an der bosnisch-kroatischen Grenze im März 2020 aufgezeichnet. Es zeigt verängstigte, durchnässte junge Männer in der Nähe eines Grenzflusses bei Poljana. Ein Mann weint vor Schmerzen, kann sich kaum auf den Beinen halten. Andere stützen ihn. Die Männer schauen immer wieder verängstigt zurück zur Grenze.
Im Hintergrund stehen vier Männer. Sie scheinen unterschiedliche kroatische Polizei-Uniformen zu tragen, die meisten Gesichter sind vermummt. Einer von ihnen hält einen langen Stock in der Hand, einer schwingt eine Art Peitsche.
«Wie blind auf mich eingeschlagen»
Die «Rundschau» konnte vor wenigen Tagen in Italien mit dem Mann, der im Video weint, reden. Der Pakistaner erzählt: «Sie haben uns in den Fluss gedrängt. Das Wasser war tief, und ich kann nicht schwimmen. Ein anderer Migrant zog mich auf die bosnische Seite des Flusses.»
Die Beamten hätten schwarze Uniformen getragen. «Einer hatte eine Eisenstange dabei. Damit hat er mehrmals wie blind auf mich eingeschlagen. Das war sehr schmerzhaft.» Wegen des Vorfalls leide er bis heute unter Angstzuständen und Schmerzen.
«Kollektiv ausweisen und einschüchtern»
Jelena Sesar, Balkan-Expertin von Amnesty International, ist empört: «Das ist grausam und unmenschlich. Es ist eine der eindeutigsten Aufnahmen, die Beamte bei einem angeblichen Pushback in Kroatien zeigt.»
Das Video beweise das systematische und illegale Zurückweisen von Migranten an der EU-Aussengrenze durch Kroatien – was NGOs seit Jahren anprangern. «Ein klarer Fall von kollektiver Ausweisung, in Missachtung des internationalen Rechts – ohne einzelne Fälle zu prüfen», so Sesar.
Kroatien weist Vorwürfe zurück
Das Innenministerium in Zagreb teilt mit: «Das Ministerium hat für diesen Tag und diesen Ort keine Kenntnis von einem Einsatz an der Grenze.» Migranten würden sich bei Streitereien untereinander selbst verletzen und in der Folge die Polizei beschuldigen. Kroatien behandle Flüchtlinge stets korrekt, Polizisten seien nicht in Gewalttaten gegen Migranten verwickelt.