Sechs Tage lang haben sich Mitglieder der Jury beraten, bis sie zum einhelligen Urteil gekommen sind: Ghislaine Maxwell ist schuldig, in fünf der sechs Anklagepunkte. Die Tochter eines britischen Medienmoguls warb Minderjährige an und führte sie dem schwerreichen Sexualstraftäter Jeffrey Epstein zu.
Sie lehrte die jungen Frauen Sexualmassagen auszuführen und berührte sie zum Teil selbst, sagten die vier Klägerinnen aus. Maxwell habe sie gefügig gemacht und ihnen ein falsches Gefühl der Sicherheit vermittelt. Die damals Minderjährigen wurden zum Teil jahrelang sexuell missbraucht. Es gibt Dutzende weitere Frauen, die geltend machen, Ähnliches erlebt zu haben.
Epstein blieb jahrzehntelang unbehelligt
Das Urteil gegen Maxwell kommt fast drei Jahre nachdem der eigentliche Sexualstraftäter Epstein in einer Haftzelle in New York starb. Die offizielle Todesursache lautete auf Suizid. Zuvor konnte der Multimillionär und Finanzberater der Superreichen jahrzehntelang unbehelligt seine Straftaten verüben. Epstein war ein verurteilter Sexualstraftäter.
In einem Gerichtsvergleich 2008 in Florida stimmte Epstein einer aussergewöhnlich milden, einjährigen Haftstrafe zu. Im Gegenzug versprach ihm die Staatsanwaltschaft aber weitgehende Immunität. Ein Gericht erklärte den Vergleich später als rechtlich ungültig, aber erst, nachdem eine Enthüllungsjournalistin aus Miami dutzende weitere Tatbestände aufgedeckt hatte.
Viele Fragen bleiben ungeklärt
Das Urteil gegen Maxwell ist ein direktes Eingeständnis, dass die US-Justiz versagt hat. Sie schonte den bis in die höchsten Machtkreise vernetzten Täter. Der sechzigjährigen, ehemaligen Epstein-Vertrauten droht nun eine Haftstrafe von bis zu 65 Jahren.
Doch viele Fragen bleiben ungeklärt: War Epstein wirklich ein Einzeltäter? Wussten die Prominenten, die in seinen Privatjets flogen und sich an seinen Partys tummelten, nichts vom Geschehen? Und war der Tod Epsteins wirklich ein Suizid? All diese Fragen werden womöglich nie untersucht.