Die Maschine des Emirs von Katar rollt langsam zur Gangway mit dem roten Teppich. Das katarische Fernsehen verpasst keine Sekunde dieser «historischen Ankunft» im grossen Nachbarland, wie der Moderator schwärmt.
Der Staatschef von Katar kommt nach über dreijährigem, bitterem Streit plötzlich wieder zum Gipfel der Golfstaaten. Umarmt auf der Piste einen anderen forschen Ölprinzen. Mohammed bin Salman, den Thronfolger und starken Mann Saudi-Arabiens. So als ob die ganze Feindschaft gar nie gewesen wäre. Der Ablauf der Verständigung wirkte genau choreografiert.
Gewaltige Egos prallen aufeinander
Es begann am Dienstagabend mit der Ankündigung des kuweitischen Aussenministers, dass Saudi-Arabien und seine Mitstreiter die Blockade noch in der Nacht aufhöben. Das schien die Vorbedingung dafür, dass der Emir von Katar tatsächlich zum Gipfel reiste.
Es geht bei dem Streit um die gewaltigen Egos von ambitiösen Herrschern. Eine neue Generation von Ölprinzen hat das Sagen am Golf, die nicht davor zurückschreckt, sich mit drastischen Massnahmen gegenseitig Angst zu machen. Dahinter stehen handfeste strategische Differenzen darüber, wie sich die arabische Welt entwickeln soll.
Den Saudis und den Vereinigten Arabischen Emiraten, wohl als den eigentlichen Strippenziehern in diesem Streit, missfällt die Aussenpolitik des Emirs von Katar zutiefst. Also legten sie einen Forderungskatalog vor, der darauf hinauslief, dass Katar auf jede eigenständige Aussenpolitik verzichten und sich ganz dem Kurs der anderen unterwerfen müsse.
Ringen um Einfluss in der Region
Im Kern lautet dabei der Vorwurf, Katar unterstütze Terroristen. Tatsächlich schickte Katar im letzten Jahrzehnt Geld und Waffen in die Spannungsgebiete, um islamistische Bewegungen zu fördern – vor allem die Muslimbrüder. Und liess mit seinem Haussender Al Jazeera kein gutes Haar an der Politik der Gegenseite in diesem Streit.
Die Emirate und Saudi-Arabien ihrerseits setzten in der Region auf den Status quo und stützten autoritäre Herrscher, ebenfalls mit Geld und Waffen. Während sie zu Hause am Golf Katar abschnürten. Doch dieses dachte nicht daran, sich dem Druck zu beugen, es hatte die Mittel dazu. Der Emir vermochte die Blockade auszusitzen. Und es fanden sich auch Schlupflöcher.
Die Türkei und ein Stück weit Iran hielten die Handelskanäle offen. Mit Iran teilt Katar das grösste Gasfeld der Welt. Dass sich das unbotmässige Scheichtum ausgerechnet Iran, diesem grossen Rivalen der Saudis, noch stärker annäherte, war dann doch nicht die Absicht jener, die den Streit vom Zaun brachen.
Noch vor dem Mittagessen war die Abschlusserklärung unterschrieben. Was genau beschlossen wurde, bleibt unklar. Die Einzelheiten wurden noch nicht veröffentlicht. Sicher ist, die strategischen Differenzen lassen sich nicht mit einem Federstrich ausräumen. Aber immerhin, die Stürmer und Dränger vom Golf sind bereit, sich wieder zu umarmen.
Das Kalkül am Golf geht längst über Trump hinaus. In zwei Wochen zieht ein Neuer ins Weisse Haus ein, Joe Biden. Und was immer der für eine Politik am Golf zu betreiben gedenkt, man steht am Golf auf jeden Fall überzeugender da, wenn die Blockade Katars beendet und der Riss, der durch den Golf-Kooperationsrat geht, wenigstens etwas gekittet ist.