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Gipfeltreffen in Paris Die Koalition der nicht ganz so Willigen

Die Koalition der Willigen, bestehend hauptsächlich aus den europäischen Nato-Ländern, ist noch ganz jung. Doch sie muss rasch Resultate liefern. Denn die Ukraine steht unter Druck – unter russischem und neuerdings auch amerikanischem.

Idee von Waffenstillstand ist wohl passé

Einig ist man sich unter den Willigen, dass Moskau es nicht ernst meint mit einem Waffenstillstand oder gar einem Frieden. Deshalb stimmt man überein, dass die Sanktionen gegen Russland nicht nur aufrechterhalten werden müssen, vielmehr sogar noch verschärft.

Was zugleich bedeutet: Die Idee eines Waffenstillstands im Schwarzen Meer, wie ihn Russland und die USA in Saudi-Arabien diese Woche ausgehandelt haben, ist wohl vorläufig tot. Denn Moskau verlangt dafür nachträglich als Vorleistung eine Aufhebung von Sanktionen.

Militärische Unterstützung der Ukraine

Einigermassen einig ist sich die neu geschaffene Koalition auch darin, die Ukraine noch stärker militärisch zu unterstützen. Gipfelgastgeber Frankreich sagt dafür zusätzlich zwei Milliarden Euro zu, Deutschland drei. Schweden, Norwegen und weitere Länder machen mit, allerdings längst nicht alle. Ziel ist es, die ukrainische Verteidigung mit Panzern, Panzerabwehr, mit Luftabwehrraketen und Aufklärungsdrohnen zu stärken.

Noch nicht einig ist man sich hingegen bei der europäischen Schutztruppe für die Ukraine. Sie soll – nach einem Waffenstillstand – dafür sorgen, dass Russland nicht bald erneut angreift. Der französische Präsident Emmanuel Macron nennt sie «Rückversicherungstruppen».

Daran beteiligen wollen sich Frankreich und Grossbritannien und, wie Macron sagt, weitere Länder. Welche, erfährt man nicht.

Unterstützung der USA unverzichtbar

Immerhin gibt es für das Vorhaben inzwischen konkrete Vorstellungen. Die europäischen Abschreckungssoldaten sollen nicht an der Front stehen. Sie sind auch keine Alternative zu möglichen Friedenssoldaten oder -beobachtern der OSZE oder der UNO.

Vielmehr sollen sie im Hinterland wichtige ukrainische Städte und bedeutende Militäranlagen schützen. Als erforderlich erachtet werden 10'000 bis 30'000 Soldaten. Klar ist zudem: Für dieses Vorhaben ist eine gewisse Unterstützung durch die USA, etwa bei der Luftverteidigung oder im Geheimdienstbereich, unverzichtbar.

Mangel an Entschlossenheit und Geschlossenheit

Dass es eine solche Truppe braucht, scheinen zwar alle einzusehen. Beschlossen ist deren Schaffung aber noch nicht. Die Generalstabschefs von Frankreich, Grossbritannien und der Ukraine sollen ab sofort die Planung vorantreiben.

Sie müssen noch zahlreiche knifflige Fragen klären. Und auch an der politischen Geschlossenheit und Entschlossenheit mangelt es noch. Ganz so willig, wie sie sich nach aussen darstellt, ist die Koalition der Willigen nicht.

Fredy Gsteiger

Diplomatischer Korrespondent

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Fredy Gsteiger ist diplomatischer Korrespondent und stellvertretender Chefredaktor bei Radio SRF. Vor seiner Radiotätigkeit war er Auslandredaktor beim «St. Galler Tagblatt», Nahost-Redaktor und Paris-Korrespondent der «Zeit» sowie Chefredaktor der «Weltwoche».

Hier finden Sie weitere Artikel von Fredy Gsteiger und Informationen zu seiner Person.

SRF 4 News, 27.3.2025, 10 Uhr

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