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Mögliche Feuerpause Russland bleibt in seinen Forderungen hart – Frieden weit weg

Russland und die Ukraine sollen 30 Tage lang gegenseitige Angriffe auf die Energie-Infrastruktur aussetzen. Das haben US-Präsident Donald Trump und der russische Präsident Wladimir Putin am Dienstag in einem Telefonat vereinbart. Das ist nur ein kleiner Schritt und eine Idee, die eigentlich schon lange im Raum stand, wie Russland-Korrespondent Calum MacKenzie sagt. Die Vereinbarung bringt vor allem Russland Vorteile.

Calum MacKenzie

Russland-Korrespondent

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Calum MacKenzie ist Russland-Korrespondent von Radio SRF. Er hat in Bern, Zürich und Moskau Osteuropa-Studien studiert.

Wie gross ist das Zugeständnis, die Angriffe auf die Energie-Infrastruktur in der Ukraine auszusetzen, aus russischer Sicht?

Moskau verkauft diesen Vorschlag als Zugeständnis. Das Angebot muss man aber ganz genau anschauen: Russland greift sehr oft zivile Kraftwerke an, damit Strom und Heizung ausfallen – vor allem im Winter, wenn es kalt ist. So will es die ukrainische Bevölkerung zermürben. Aber jetzt kommt der Frühling, darum hätten solche Angriffe sowieso nachgelassen. Die Ukraine wiederum beschiesst vor allem russische Ölraffinerien. Russland hat einer Waffenruhe in einer sehr begrenzten Form zugestimmt, die Russland eher einen Vorteil gibt. Es kann es sich leisten, vorübergehend auf seine Art dieser Angriffe zu verzichten. Dafür sind seine Raffinerien erst einmal geschützt.

Welche Rolle spielen die ukrainischen Angriffe auf russische Ölraffinerien?

Es geht der Ukraine darum, dass die russische Armee weniger Treibstoff zur Verfügung hat und Russlands grösste Einnahmequelle, mit der es den Krieg finanziert, also den Öl- und Gasexport, unter Druck gesetzt wird. Das machen die Ukrainer mit ihren Drohnen relativ erfolgreich – erst am Wochenende haben sie eine Raffinerie im südrussischen Tuapse getroffen, die zu den grössten Russlands gehört.

Putin forderte einen Stopp der Waffenlieferungen und dass die Ukraine keine nachrichtendienstliche Informationen mehr erhält. Was ist davon zu halten?

Es sind dieselben Forderungen, die Putin vor ein paar Tagen als Vorbedingung für eine breitere Waffenruhe nannte. Dazu solle die Ukraine keine Soldaten mehr rekrutieren oder ausbilden dürfen. Es kommt also erneut der Versuch, ein begrenztes Entgegenkommen an Bedingungen zu knüpfen, die die Ukraine schwächen. Russland bekräftigte zudem wieder, es wolle eine Lösung für die «Kernprobleme des Konflikts». So umschreibt es seine Maximalforderungen: die Kapitulation und Unterwerfung der Ukraine. Von einem echten Frieden scheinen wir also noch weit entfernt sein. Da macht Russland nach wie vor keinen Anschein, kompromissbereit zu sein.

Krieg in der Ukraine

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Es soll weitere Gespräche über einen Waffenstillstand im Schwarzen Meer und auch über einen dauerhaften Frieden geführt werden. Was ist derzeit die Verhandlungsposition Russlands?

Die befristete Waffenruhe für die Energie-Infrastruktur ist eine Variante, die bereits im letzten Sommer diskutiert wurde. Damals war in den USA noch Joe Biden Präsident und Russland zeigte sich viel weniger konstruktiv gegenüber Washington. Russland verkauft also etwas, das schon lange im Raum steht, und auf das es ohne grosse Probleme verzichten kann, als Entgegenkommen und erwartet dafür neue, grössere Zugeständnisse von der Ukraine und vom Westen. Es ist ein Versuch, Donald Trump zu manipulieren. Die grosse Frage ist nun, ob er sich manipulieren lässt, ob er Russlands sehr bescheidenen Vorschlag belohnt, indem er den weit bedeutenderen Forderungen des Kremls entgegenkommt.

«Trump ist hinter dem zurückgeblieben, was er sich vornahm»

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US-Präsident Donald Trump hat stets versprochen, dass er schnell einen umfassenden Frieden herbeiführen könne. Das ist definitiv nicht der Fall. Wie steht Trump denn nun da? Die Einschätzung von USA-Korrespondent Andrea Christen:

«Er hat im Wahlkampf einen sehr raschen Frieden versprochen, womit er sich selbst unter Druck gesetzt hat. Er hat sich selbst auch das Image des Dealmakers, des Friedensstifters gegeben. Es war für ihn also wichtig, dass er nach diesem Gespräch mit Putin irgendetwas vorweisen konnte. Wenn die Angriffe auf die Energie-Infrastruktur aufhören sollten, wenn das der Auftakt zu echten Friedensgesprächen wäre, dann hätte er ja auch etwas Handfestes erreicht. Aber aus Washington wählte man vor dem Gespräch einen Football-Vergleich. Man stehe auf der Zehn-Yards-Linie des Friedens, sei dem Ziel also schon sehr nah. Sprich Trump ist weit hinter dem zurückgeblieben, was er sich eigentlich vorgenommen hatte, nämlich, dass auch Russland einem generellen 30-tägigen Waffenstillstand zustimmt.»

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Heute Morgen, 19.03.2025, 07:00 Uhr ; 

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