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Als der Ayatollah heimkehrte
Aus Kontext vom 31.01.2019. Bild: Keystone / AP NY STR
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Glamourös, gehasst, gestürzt Der letzte Schah von Persien

Vor 40 Jahren kehrte Ajatollah Chomeini nach Iran zurück und stürzte den letzten Schah von Persien: Mohammed Reza Pahlevi. Dieser galt als Marionette der USA und seine misslungenen Reformen empörten Volk, Klerus und Opposition – bis der Iran reif war für eine Revolution.

Der letzte Herrscher auf dem Pfauenthron wollte den Iran in eine moderne Weltmacht verwandeln. Stattdessen führte der Schah die 2500-jährige Monarchie pompös in den Untergang.

Er war berühmt für Luxus, Prunk und Jetset-Leben, für glamouröse Limousinen, Glitzer-Zeremonien in Saus und Braus und seine drei schönen Ehefrauen, mit denen er wie ein orientalischer Sultan Trennungsdramen und Märchenhochzeiten zelebrierte, deren Einzelheiten von Boulevard-Zeitungen im Westen genüsslich ausgebreitet wurden.

So etwa das Liebesdrama um seine zweite Ehefrau Soraya, von der er sich wegen Unfruchtbarkeit und ausbleibender Thronfolger scheiden liess, um kurz darauf seine dritte Ehefrau Farah Diba zu ehelichen. Sie galt wegen ihrer legendären Frisur international als Stilikone und gebar ihm pflichtgetreu vier Kinder.

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Ehefrau Nummer drei wird zur Stilikone
Aus News-Clip vom 28.01.2019.
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Politisch beginnt der Schah seine Herrschaft als Modernisierer und Idealist. Doch er ist weltfremd, seine Reformen unausgegoren – er lebt in einem krassen Missverhältnis zwischen Fantasievorstellung und Realität.

Massiver Einfluss des Westens auf Iran

Seine Jugend verbringt Reza Pahlevi in der Schweiz, ist Absolvent der Eliteschule Le Rosey, spricht fliessend Französisch und Englisch. Sein Vater Reza Schah ist im Zweiten Weltkrieg eng befreundet mit Hitler-Deutschland – bis 1941 Grossbritannien und die Sowjetunion im Iran einmarschieren und Reza zur Abdankung zwingen.

Iranische Abgeordnete schmuggeln 1941 Sohn Mohammed ins Parlament. Dort wird er als neuer Schah von Persien vereidigt, genannt «König der Könige». Und das mit 21 Jahren.

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Mit 21 der Schah von Persien
Aus News-Clip vom 28.01.2019.
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Briten und Sowjets verlangen, dass der junge Schah im besetzten Land nur repräsentative Funktion habe – doch der weigert sich. Via Drei-Mächte-Abkommen erreicht der Schah den Abzug der Sowjets.

Mit den USA und Grossbritannien einigt er sich: Beide bekommen Zugang zu billigem Öl und Einfluss im geo-strategisch wichtigen Iran.

1951 will Irans Regierungschef Mossadegh den Westen endlich loswerden und verstaatlicht das Ölgeschäft. Eigene Ölgelder sollen eigene Wirtschaftsprogramme finanzieren. Der Schah wird vertrieben.

Doch 1953 folgt der Militärputsch, organisiert vom US-Geheimdienst CIA. Die Verstaatlichung wird rückgängig gemacht, und Mossadegh gestürzt.

Der moderne Iran als Ziel

Militärputsch und CIA bringen den Schah zurück auf den Pfauenthron, er steigt zum Militär-Monarchen auf und modernisiert den Agrarstaat. Iran wird innert weniger Jahre zum weltweit zweitgrössten Ölexporteur, zur Militärmacht im Nahen Osten und strategischen Partner von USA und CIA.

Der Schah arrangiert sich mit dem Klerus, bevor er mit seiner sogenannten «Weissen Revolution» Reformen durchdrückt.

  • Frauen bekommen mehr Rechte (z.B. das aktive und passive Wahlrecht).
  • Strassenbau-Projekte und eine breite Alphabetisierungskampagne beginnen.
  • Mit einer Landwirtschaftsreform wird das Ackerland der Grossgrundbesitzer an Klein-Bauern verteilt und das Feudalsystem abgeschafft.
  • Die Säkularisierung wird gefördert und westliche Lebensart – wie Alkohol, Bars, Kinos – importiert.

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Landreform: Kleinbauern erhalten Boden
Aus News-Clip vom 28.01.2019.
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Die vielen Reformen stören allerdings Feudalherren und islamische Geistliche – einer heisst Ruhollah Chomeini. Er wird später die Islamische Revolution anführen und den Schah stürzen. Doch vorerst werden alle Proteste im Keim erstickt. Der Schah lässt Militär, Polizei und Geheimdienst blutig aufräumen.

1957 wird der Geheimdienst Savak gegründet. 60'000 Mitarbeiter kooperieren eng mit amerikanischem CIA und israelischem Mossad. Tausende Schah-Gegner verschwinden in Folterkammern oder werden getötet – Oppositionelle, Nationalisten, Geistliche. Der Schah gilt als Marionette von USA und Israel.

Reformen scheitern

Sein Rückhalt im Volk schwindet – wegen des brutalen Regimes, und weil seine Reformen scheitern.

  • Das Frauen-Wahlrecht ist eine Farce. Es gilt nur für Schah-treue Kandidatinnen.
  • Die Landreform misslingt komplett. Viele der verteilten Parzellen sind zu klein und unfruchtbar. Es fehlen Traktoren und Dünger.
  • Millionen Bauern flüchten in die Städte, um als Taglöhner zu arbeiten. Dort explodieren die Mietpreise. Grundnahrungsmittel müssen importiert werden.
  • Die Mittelschicht beginnt zu protestieren. Doch die Proteste werden vom Geheimdienst niedergeschlagen. An Stadträndern entstehen Slums.
  • Die forcierte Säkularisierung macht religiöse Parolen der Mullahs plötzlich attraktiv: anti-westlich, traditionell, selbstbestimmt

Juni 1963: die Probe-Revolution

Die Mullahs proben den Aufstand gegen den Schah. Sie mobilisieren zehntausende Demonstranten – ein Probelauf der Islamischen Revolution. Der Geistliche Ajatollah Chomeini ist eine Leitfigur.

Doch der Schah schlägt die Proteste nieder – mit Panzern und Soldaten, Chomeini wird ins Exil gezwungen. Mit Hilfe der USA, des Geheimdiensts Savak und der Armee wird der Unmut unterdrückt. Es gibt Tausende Tote. Hunderttausende verschwinden in Folterkammern.

Auch im Ausland wächst die Kritik. Der Schah-Besuch in West-Berlin 1967 löst schwere Proteste aus.

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Kein herzliches Willkommen in West-Berlin
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Dessen ungeachtet herrscht in Iran eine korrupte Elite in Saus und Braus. Der Schah und seine Entourage feiern rauschende Feste. Die Staatsfinanzen werden geplündert, um das Persische Grossreich zu zelebrieren.

1967 feiert der Schah die Neuinszenierung seiner Krönung, mit einem Pfauenthron voller Goldplatten und mit 26’000 Edelsteinen besetzt.

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Schah krönt sich selbst zum Kaiser
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1971 wird es noch gigantischer: Das prachtvolle Fest in Persepolis – ein Traum wie aus Tausendundeiner Nacht. Dafür gehen 100 Millionen Dollar aus der Staatskasse drauf.

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Das Fest von Persepolis
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Mittlerweile fliessen vom Staatsbudget satte 28 Prozent an Militär, Polizei und Geheimdienst. Sie haben das Land mit blutiger Gewalt im Griff. 1975 wird obendrein das Zweiparteien-System abgeschafft. Es gibt nur noch die Schah-Einheitspartei «Rastachis».

Dazu strauchelt die Ölindustrie. Sinkende Öleinnahmen setzen ab 1976 die Monarchie unter Druck. Es folgen Rezession und Massenarbeitslosigkeit. 1977 sind offiziell 27 Prozent arbeitslos. Inoffiziell sollen es über 40 Prozent sein.

Es kommt zum Generalstreik. Die Wut im Volk führt zu monatelangen Massenunruhen und Protesten. Doch das Schah-Regime lässt auf die Menge schiessen, verhängt das Kriegsrecht.

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Die Wut auf den Schah steigt
Aus News-Clip vom 28.01.2019.
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Tiefer Hass auf den Schah und breiter Widerstand gegen seine Diktatur formieren sich zur revolutionären Bewegung.

Es ist angerichtet

Jetzt muss nur noch ein charismatischer Anführer wie Ruhollah Chomeini die Lunte anzünden, damit das Pulverfass Iran explodiert. Der Geistliche führt ein breites Bündnis an: Oppositionelle von rechts bis links, Kleinhändler, Bauern, Nationalisten, Geistliche – alle vereint hinter Chomeini.

Schliesslich schlägt das den Schah in die Flucht. Am 16. Januar 1979 verlässt der «König der Könige» klammheimlich das Land. Er stirbt wenig später an Krebs – 1980 in einem Militärspital, im Exil in Ägypten.

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Flucht nach Ägypten
Aus News-Clip vom 28.01.2019.
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Ägypten ist das einzige Land das dem letzten Schah von Persien nach langer Odyssee noch Unterschlupf gewährt - während in seinem Land bereits eine neue Ära anbricht.

Am 1. Februar 1979 kehrt Ajatollah Chomeini aus seinem Exil in Paris nach Teheran zurück – von Millionen Iranern begeistert gefeiert. Es ist der Anfang der Islamischen Revolution.

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Ajatollah Chomeini bringt den Gottesstaat
Aus News-Clip vom 28.01.2019.
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Am 11. Februar 1979 stürzt Chomeini offiziell das Schah-Regime. Es wird ersetzt durch einen Gottesstaat: Religiös, erzkonservativ, anti-westlich. Noch wissen die Iraner nicht, dass daraus eine neue Diktatur entsteht – ein Mullah-Regime, das ebenfalls autoritär herrscht.

Es kontrolliert die Wirtschaft und die lukrativen Erdöl-Einnahmen und gibt massig Staatsgelder aus – zwar nicht für Luxus, aber für schiitisch-sunnitische Kriege im Ausland und mit dem Ziel, die wichtigste Regionalmacht zu werden.

Heute, 40 Jahre später, knirscht es wieder im Gebälk. Viele junge Iraner wünschen sich deshalb eine neue Revolution.

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