Auf seiner Afrikareise hat sich Ignazio Cassis vom Schweizer Rohstoffkonzern Glencore die Mopani-Kupfermine in Sambia zeigen lassen. Der Aussenminister war offenbar ziemlich beeindruckt, wie er in einem Tweet kundtat.
Die Mine ist umstritten: Glencore zahlte in Sambia laut der NGO Public Eye zeitweise keine Steuern. Zudem erkrankten Menschen wegen giftiger Emissionen des Kupferschmelzwerkes. Gar Todesfälle soll es gegeben haben. SRF-Redaktor Res Gehriger hat die Mine mehrfach besucht und gibt Auskunft.
SRF News: Sie haben zur Glencore-Mine Mopani in Sambia recherchiert und aufgezeigt, dass Glencore die Abgas-Grenzwerte der WHO jahrelang überschritt, mit gravierenden Folgen für die Anwohner.
Res Gehriger: Im öffentlichen Spital der Minenstadt habe ich erlebt, wie Kleinkinder wegen Atemnot behandelt werden mussten, weil sie den Schwefeldioxid-Abgasen des Kupferschmelzwerks ausgesetzt waren. Für die «SRF Rundschau» habe ich mehrere Todesfälle dokumentiert, die von den Ärzten auf die Schwefelabgase zurückgeführt werden. Zum Beispiel im Fall der lokalen Politikerin Beatrice Mithi, deren Familie Glencore verklagt hat. Die Familie erhielt vom High Court in Sambia 2016 eine Entschädigung von rund 40'000 Franken zugesprochen.
Der Fall ist aber noch vor dem Obersten Gericht hängig. Weshalb war denn die Glencore-Mine besonders schlimm?
In den Gerichtsakten zum Fall Mithi fanden wir erstmals Abgasdaten für das Glencore-Werk. Sie waren extrem hoch: Statt 20 Mikrogramm Schwefeldioxid im 24-Stunden-Mittel, dem Richtwert der Weltgesundheitsorganisation WHO, mass man 2013 in der Minenstadt bis zu 5640 Mikrogramm. Jeder Mediziner sagt, dass eine solch hohe Belastung die Gesundheit schädigt. Der Glencore-Betrieb hat damals in Sambia jährlich 140'000 Tonnen Schwefeldioxid in die Umwelt geblasen, zehnmal mehr, als die gesamte Schweiz emittiert.
Hat Glencore diesbezüglich etwas unternommen?
Glencore hat zuerst einen neuen, leistungsstärkeren Schmelzofen installiert und dann gegen Ende 2014 eine Anlage, welche das Schwefeldioxid aus den Abgasen entfernt und daraus Schwefelsäure herstellt. Schwefelsäure, welche die Kupfermine nebenan ohnehin benötigt. Die Abgase enthalten heute also viel weniger Schwefel. Die Umweltsituation hat sich deutlich verbessert, vor allem was die Langzeitbelastung betrifft.
Die Grenzwerte werden heute also eingehalten?
Das weiss ich nicht. Weder Glencore noch die sambischen Umweltbehörden möchten uns die aktuellen Umweltdaten mitteilen. Die Daten sind bislang unter Verschluss.
Sowohl Glencore als auch die sambischen Umweltbehörden halten die Daten unter Verschluss.
Aber die Anlage stösst vor allem beim Aufstarten der Maschinen immer noch hohe Mengen Schwefeldioxid aus. Zwar nur kurzzeitig, aber die WHO kennt auch einen Richtwert dafür. Er beträgt 500 Mikrogramm pro Kubikmeter für einen 10-Minuten-Zeitraum. Es ist ungewiss, ob dieser Wert eingehalten ist.
Das heisst?
Auch eine kurzzeitig hohe Belastung hat Folgen: Kürzlich mussten an einem Tag gleich sieben Anwohner wegen Atemnot ins Spital gebracht werden. Das haben mir Vertreter von lokalen NGOs mitgeteilt. Glencore habe danach ein Ambulanzfahrzeug im Quartier stationiert.
Das EDA hat im Zusammenhang mit Ignazio Cassis' Besuch im Werk geschrieben, Glencore halte die WHO-Richtwerte ein.
Da habe ich gestaunt. Der Journalist Urs P. Gasche hat für die Internetzeitung infosperber.ch deswegen beim EDA nachgefragt. Man hat ihm gesagt, man verlasse sich auf eine Aussage von Glencore. Cassis und sein Team haben nie selber Immissionsdaten gesehen. Sie haben einfach Glencore geglaubt.