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Globale Schlagzeilen Grönland und der wilde Ritt in die Weltpolitik

Lange, sehr lange, hatten die Grönländerinnen und Grönländer ihre Ruhe. Sie waren aus Asien über die Beringstrasse und Nordamerika vor über vier Jahrtausenden auf die über zwei Millionen Quadratkilometer grosse Insel unter dem Nordpol gekommen. Während es anderen Migranten wie den Wikingern nach einiger Zeit auf Grönland wieder zu kalt wurde, entwickelten die Inuit im oft wilden und unwirtlichen Norden eine enorme Überlebenskraft.

Daran änderten auch die Kolonisierung durch Dänemark ab Mitte des 18. Jahrhunderts und die Besetzung durch US-Truppen im Zweiten Weltkrieg wenig. Erst Kopenhagens Einverleibung der Insel 1953 und die damit verbundenen Dänisierungs-Bestrebungen markierten eine existenzielle Bedrohung für das einzigartige Volk am Polarkreis. 

Autonomie, Selbstregierung, Unabhängigkeit

Mit der Erlangung einer weitreichenden Autonomie schafften die Grönländerinnen und Grönländer 1979 gerade noch eine Wende. In einem weiteren Schritt votierten sie 1983 auch für den Austritt aus der Europäischen Gemeinschaft (heute EU).

Seither bissen sich eine Generation von grönländischen Politikerinnen und Politiker in zwei Linksparteien – der sozialdemokratischen Siumut und der autonomistischen Inuit Ataatigit – an Dänemark und sich selbst die Zähne aus. Denn mit der von der UNO schon in den 1950er-Jahren proklamierten Dekolonialisierung ging es nur schleppend voran. Erst im Jahr 2008 folgte der nächste wichtige Schritt: Ein neues Abkommen mit Dänemark stärkte Grönlands Selbstregierung und formulierte als nächstes Ziel die staatliche Unabhängigkeit.     

Politische Zukunft eher in Europa

Als der damalige 45. US-Präsident im Sommer 2019 erstmals erklärte, er wolle Dänemark Grönland abkaufen, löste dies in Kopenhagen und Nuuk lediglich ungläubiges Kopfschütteln aus. Dieses ist unterdessen allen vergangen. Denn die immer aggressiver vorgetragenen Ansprüche des unterdessen zum 47. Präsidenten gewählten Donald Trump haben in den letzten Wochen die Weltpresse förmlich auf die rohstoffreiche Rieseninsel mit der kleinen Bevölkerung getrieben.

Mit den Parlamentswahlen hat nun für Grönland ein wilder Ritt in die Weltpolitik begonnen. Das Wahlresultat macht deutlich, dass eine klare Mehrheit der Grönländer die politische Zukunft eher in Europa als in Amerika sieht.

Mit Kopenhagen soll nun eine neue, gleichberechtigtere Art der freien Assoziation ausgehandelt werden. In Washington wird es für die neue Zentrumsregierung darum gehen, die sicherheitspolitische Kooperation und den bislang kaum existierenden Handel zu stärken. 

Bruno Kaufmann

Nordeuropa-Korrespondent

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Bruno Kaufmann berichtet seit 1990 regelmässig für SRF über den Norden Europas, von Grönland bis Litauen. Zudem wirkt er als globaler Demokratie-Korrespondent beim internationalen Dienst der SRG mit.

10vor10, 4.3.25, 21:50 Uhr

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