Ohne Zugang zu Toiletten, Wasser oder Nahrung müssen die ukrainischen Lastwagenfahrer tagelang in der Eiseskälte ausharren. Supermärkte liegen in der Regel mehrere Kilometer entfernt.
So und ähnlich geht es den ukrainischen LKW-Chauffeuren an der polnisch-ukrainischen Grenze. Inzwischen stauen sich ihre Fahrzeuge kilometerweit. Bereits sind zwei ukrainische Fahrer tot in ihren Kabinen gefunden worden.
Seit nun schon fast einem Monat versperren polnische Lastwagenfahrer drei Grenzübergänge zur Ukraine und lassen nur wenige Fahrzeuge pro Stunde durch. Vor zehn Tagen schlossen sich ihnen polnische Bauern an und versperrten einen vierten Grenzübergang.
Die Zahl der Lastwagen, die deshalb kaum mehr vorankommen, beläuft sich nach ukrainischen Angaben inzwischen auf 2500.
EU hob im Sommer 2022 Beschränkungen auf
Angefangen hat alles mit einem Entscheid der EU im Juni 2022, mit dem man der Ukraine alle Hindernisse für Transporte auf dem Landweg nach Westen aus dem Weg räumen wollte.
Denn seit dem Beginn des Angriffskriegs Russlands auf die Ukraine Ende Februar 2022 ist der Luftraum gesperrt. Und der Weg über das Schwarze Meer wurde durch die russische Marine blockiert. Deshalb bleibt nur der Landweg nach Westen.
Seither dürfen Lastwagen aus der Ukraine ohne Spezialbewilligung in die EU fahren. Zuvor war die Zahl der Fahrten durch bilaterale Abkommen begrenzt gewesen. In der Folge nahm die Zahl der Fahrten von Ukrainern in Richtung Westen um ein Vielfaches zu.
Die Lastwagen transportieren Getreide, Sonnenblumenöl oder Stahl in die EU und bringen zum Beispiel Benzin oder humanitäre Hilfe in die Ukraine zurück. Das verhilft dem ukrainischen Staat zu den dringend benötigten Einnahmen und hält die Wirtschaft trotz Krieg am Laufen.
Konkurrenz für polnische Fahrer
Doch die polnischen Chauffeure fühlen sich gegenüber ihren ukrainischen Kollegen benachteiligt und sprechen von unfairer Konkurrenz. Sie fordern die Wiedereinführung der Bewilligungspflicht für ukrainische Fahrten.
Seit dem Wochenende hat sich die Lage verschärft, denn nun haben sich slowakische Lastwagenfahrer ihren polnischen Kollegen angeschlossen. Sie blockieren den einzigen Grenzübergang zur Ukraine, an dem LKWs abgefertigt werden.
Aus Kiew heisst es, die Lage sei katastrophal, man spricht von Einbussen von bisher rund 400 Millionen Euro für die ukrainische Wirtschaft. Inzwischen werden eine Verknappung des Angebots und steigende Preise für importierte Güter befürchtet.
Ukraine fühlt sich im Stich gelassen
Zwar wird zurzeit intensiv verhandelt, bilateral und auch im Rahmen der EU. Eine Lösung ist aber nicht in Sicht. Und auch wenn man zu einer Einigung kommen sollte, fühlt man sich in Kiew von den westlichen Nachbarn im Stich gelassen, die das Privileg haben, unter dem Schutz der EU und der Nato zu stehen.
Hinzu kommt: Die verfahrene Situation präsentiert sich ausgerechnet in einer Zeit, in der die Ukraine geschwächt ist und sich nur noch mit Mühe und Not der russischen Angriffe erwehren kann. Anstatt einer Konfrontation mit den westlichen Nachbarn würde das Land dringend mehr Hilfe benötigen.