In den letzten Wochen hielten chinesische Spionageballons über den USA die Welt in Atem. Sicherheitspolitisch ungleich grössere Auswirkungen dürfte haben, was sich auf den Weltmeeren abspielt – gerade im Pazifik.
Denn dort kämpfen die Supermächte USA und China um die Vorherrschaft: Peking will die maritime Hegemonie brechen, die sich Washington seit dem Zweiten Weltkrieg aufgebaut hat.
US Navy sieht sich im Hintertreffen
Das Riesenreich setzt dabei auf Geld, Diplomatie und auch seine Marine, um sich in der riesigen Region Einfluss zu sichern. Nicht nur militärisch, sondern auch kulturell und vor allem wirtschaftlich.
Nun preschte der amerikanische Marineminister Carlos del Toro mit einer bemerkenswerten Aussage vor: So sollen Chinas Seestreitkräfte inzwischen deutliche Vorteile gegenüber den amerikanischen haben.
«China verfügt jetzt über eine grössere Flotte als wir und setzt diese auch weltweit ein», sagte der US-Marineminister vor dem National Press Club in Washington.
Del Toros unmissverständliche Forderung an die Politik: eine massive Aufrüstung der Seestreitkräfte. «Wir brauchen eine grössere Marine. Wir brauchen mehr und modernere Schiffe, um dieser Bedrohung begegnen zu können.»
China hat erkannt, dass es nur über die Kontrolle von Seewegen zur Weltmacht aufsteigen kann.
Auch andere Stellen berichten, dass China seine Verteidigungsausgaben so stark steigert wie nie zuvor. Zu diesem Schluss kommt etwa eine Analyse der Denkfabrik International Institute for Strategic Studies in London.
China will Seewege kontrollieren
Sicherheitsexperten beschäftigt Chinas maritime Aufrüstung seit Jahren. «Mit mutmasslich über 350 Schiffen und Unterseebooten liegt die chinesische Marine schon jetzt weit vor der amerikanischen», bestätigt Michael Paul. Er ist Experte für internationale Sicherheitspolitik bei der Stiftung Wissenschaft und Politik SWP.
Seit Jahren schüttet China im Südchinesischen Meer künstliche Inseln auf. Auch als Plattformen, um die eigenen Seestreitkräfte zu unterstützen. «Diese Zusammenführung von Seestreitkräften, maritimen Milizen und der Küstenwache ergibt eine Stärke, die schwer durch Anrainerstaaten und die USA zu kompensieren ist», sagt Paul.
Doch welche Ziele verfolgt China konkret auf den Weltmeeren? Taiwan sei ein «wichtiger Ausgangs- und Angriffspunkt in der chinesischen Globalstrategie», führt Paul aus. «Tatsächlich geht es aber weit darüber hinaus: China hat erkannt, dass es nur über die Kontrolle von Seewegen zur Weltmacht aufsteigen kann.»
Wettrennen um Vormachstellung im Pazifik
Auf den Weltmeeren werden über 90 Prozent des globalen Handels abgewickelt. China verfolgt nun unter Hochdruck das Ziel, zu einer Seemacht wie den USA oder zu früheren Zeiten Grossbritannien aufzusteigen. So soll militärisch seine zentrale Rolle im Welthandel abgesichert werden. «Damit würde China eine hybride Land- und Seemacht», erklärt Paul.
Letztlich gibt es aber viele Akteure im Rennen um die Vormachtstellung im Pazifik. Der Experte nennt hier auch Indien und das mit den USA verbündete Japan. Die chinesische Aufrüstung müsse man also auch vor dem Hintergrund eines allgemeinen Rüstungswettkampfs betrachten, schliesst Paul.