Der Impfstoff, sobald erhältlich, werde zu einem öffentlichen Gut für die ganze Welt. Dies versprach Xi Jinping an der Videokonferenz der Weltgesundheitsorganisation im Mai. Xi Jinping weckte damit vor allem bei Entwicklungsländern die Hoffnung, dass sie den Covid-Impfstoff gratis beziehen könnten. Im Oktober hingegen sagte der Chef der Impf-Taskforce von Chinas nationaler Gesundheitskommission, Zheng Zhongwei, man werde für den Impfstoff einen fairen und vernünftigen Preis verlangen.
Was ist also aus dem öffentlichen Gut für die ganze Welt geworden? Jacob Mardell vom Mercator Institute for Chinese Studies in Berlin erklärt dies so: «Ich sehe es eher als rhetorischen Trick. China nennt vieles, was es im Ausland unternimmt, ein globales öffentliches Gut. Das sieht man auch bei Projekten der ‹Belt and Road›-Initiative. China möchte sich mit solchen Aussagen als globale Führungsnation präsentieren.»
Moderna und Pfizer: Impfstoffe für die reichen Länder
Dass China etwas für den Impfstoff verlangen werde, sei aber realistisch, findet Mardell. Immerhin: Die chinesischen Impfstoffe dürften deutlich günstiger sein als die meisten Impfstoffe der westlichen Pharmakonzerne.
Und: «Die Impfstoffe von Pfizer oder Moderna sind nicht nur teurer, die Logistik ist schwieriger. Ausserdem werden diese Impfungen von einer Handvoll reicher Länder aufgekauft. Das heisst, für viele ärmere Länder könnten nur noch die chinesischen Impfungen übrigbleiben.»
Weil China im eigenen Land selbst kaum positive Fälle verzeichnet, lässt China seine Impfstoffe im Ausland testen, zum Beispiel in Brasilien oder Pakistan. Im Gegenzug sollen diese Länder bei der Impfstoff-Lieferung bevorzugt behandelt werden. Auch Länder in Afrika sollen von günstigen Konditionen profitieren.
Davon verspreche sich China einen Image-Gewinn, sagt Eric Olander, Mitgründer des Onlineportals «The China Africa Project»: «Stellen Sie sich die Bilder vor. Flugzeuge der Air China vollbepackt mit Impfstoffen landen in Addis Abeba in Äthiopien. Der Diplomatie-Gewinn wäre enorm.»
Chinas sogenannte Impfdiplomatie sei aber nicht ohne Risiken, erklärt Eric Olander: «Es gibt immer noch sehr viel Skepsis in Afrika gegenüber ‹Made in China›. China hat in vielen Entwicklungsländern einen schlechten Ruf, was die Qualität seiner Produkte angeht.» China wird auch deshalb wohl alles daran setzen, dass die Impfdiplomatie ein Erfolg wird, und es sich als weltweit führende Nation präsentieren kann.
Keine Konkurrenz aus den USA in armen Ländern
«China hat den Vorteil, dass die US-Regierung nicht einmal versucht, in diesem Gebiet ein Player zu sein», sagt Huang Yanzhong, Experte für Global Health der US-Denkfabrik Council on Foreign Relations. Die USA nehmen nicht einmal am von der WHO unterstützten Impfprogramm Covax teil, China dagegen schon.
China könne sich damit einmal mehr als Land präsentieren, das einen weltweiten Beitrag leiste, sagt Huang. Und: «Chinas Teilnahme an Covax könnte bei der Vermarktung von chinesischen Impfstoffen helfen. Eine zukünftige Unterstützung durch die WHO würde den chinesischen Impfstoffen international Legitimität verleihen.»