Zwischen Donald Trumps Kandidat Brett Kavanaugh und dem Obersten Gericht der USA stehen bloss noch zwei Frauen: Professorin Christine Blasey Ford, die Frau, die Kavanaugh eines sexuellen Übergriffs vor mehr als drei Jahrzehnten beschuldigt. Und Senatorin Dianne Feinstein, die frühere Bürgermeisterin von San Francisco, welche die ganze Sache ins Rollen brachte.
Schon bei den Anhörungen löcherte Feinstein Kavanaugh mit Fragen, etwa zum Besitz von Feuerwaffen. Sobald er auswich, hakte sie nach und liess nicht locker.
Dianne Feinstein fordert seit langem strengere Waffengesetze. Zur Schlüsselfigur im Senat wurde sie aber erst, als sie kurz bevor Kavanaugh im Senat bestätigt werden sollte, den Brief einer damals noch anonymen Frau erwähnte. Kavanaugh habe versucht, sie zu vergewaltigen, steht dort. «Diese Sache hat die Frau nachhaltig erschüttert», sagt Feinstein. Sie räumt hingegen ein, sie wisse nicht, ob alle Anschuldigungen zuträfen.
«Das hat der Mann nicht verdient»
Dennoch schiessen jetzt die Republikaner scharf auf sie. Sie können auf einmal nicht mehr ganz sicher sein, für lange Zeit eine konservative Mehrheit am Obersten Gericht zu etablieren. Ihr Vorhaben ist in Gefahr, sollten die Demokraten im November die Senatsmehrheit erobern. Präsident Trump will daher an Kavanaugh unbedingt festhalten. «Ich fühle mit ihm, das hat der Mann nicht verdient.»
Der Frau, die Kavanaugh beschuldigt, traue er nicht. Worauf Dianne Feinstein per Twitter zurückschoss: Trump möge Frauen und Opfer nicht respektieren. Aber sie tue es. Praktisch alle Republikaner werfen Feinstein vor, das Ganze erst viel zu spät vorgebracht zu haben.
Ein geschickter Schachzug?
Empört meint der Mehrheitsführer im Senat Mitch McConnell: «Da erwägen wir wochenlang eine Kandidatur für den Obersten Gerichtshof, wir führen tagelang Anhörungen durch. Und dann plötzlich, ganz plötzlich wird so ein Anschuldigungsbrief ins Spiel gebracht. Auf völlig irreguläre Art und Weise.»
Feinstein sagt, sie habe Rücksicht nehmen müssen: «Professorin Blasey Ford wollte die Sache zunächst nicht öffentlich machen.»
Ob das der Grund war oder ob es sich um einen geschickten Schachzug handelte, um in letzter Minute die Wahl von Kavanaugh zu verhindern, ist offen. Möglicherweise trifft beides zu. Jedenfalls weiss Senatorin Feinstein nach mehr als einem Vierteljahrhundert im US-Senat, wie es dort läuft.
Späte Gegnerin der Todesstrafe
Aufgefallen ist sie bisher dort indes nicht als Scharfmacherin, sondern als das, was manche eine «hartnäckige Gemässigte» nennen. Sie war – wie der kürzlich verstorbene Republikaner John McCain – oft eine Brückenbauerin.
Wenn es um Befugnisse der Geheimdienste ging oder um den Irak-Krieg, vertrat sie andere Positionen als die meisten Demokraten. Und erst spät wurde sie zu einer Gegnerin der Todesstrafe. Vielen demokratischen Parteimitgliedern in Kalifornien ist sie zu wenig links.
In der Frauenfrage ist sie aber eine stramme Demokratin. Dazu bewogen, für den Senat zu kandidieren, haben sie nämlich ausgerechnet die Vorwürfe einer anderen Frau, Anita Hill, gegen einen Bundesrichterkandidaten, Clarence Thomas. Das war 1991. Feinstein verfolgte damals die Anhörungen gebannt auf einem Fernsehschirm im Londoner Flughafen Heathrow.
Die letzte Schlacht
Als junge Politikerin habe sie oft zu hören bekommen, es müsse etwas nicht stimmen mit ihr, weil sie in die Politik wolle. Womöglich sei der Grund eine unglückliche Ehe, hätten ihre Gegner behauptet. Ja, es sei in Amerika immer noch nicht einfach, eine Frau zu sein, sagt sie noch heute.
Ihre Wiederwahl im November dürfte sie spielend schaffen. Doch selbst wenn sie danach noch als 91-Jährige im Senat sitzen könnte, ist der Kampf um Richter Kavanaugh möglicherweise ihr letzter grosser. Die Republikaner scheinen entschlossen, seine Wahl durchzudrücken, selbst wenn die Frage des sexuellen Übergriffs ungeklärt bleibt. Gut möglich also, dass die «Grand Old Lady» die Schlacht verliert.