- Ursula von der Leyen ist die neue EU-Kommissionspräsidentin.
- Die CDU-Politikerin errang im Europaparlament 383 Stimmen und damit die nötige absolute Mehrheit.
- Damit kann sie am 1. November die Nachfolge des Luxemburgers Jean-Claude Juncker antreten.
Ursula von der Leyen sieht das knappe Ergebnis bei ihrer Wahl zur Präsidentin der EU-Kommission nicht als Problem. «In der Demokratie ist die Mehrheit die Mehrheit», sagte sie nach der Abstimmung. Es sei gelungen, eine pro-europäische Mehrheit zu formieren.
Für die Wahl brauchte von der Leyen die absolute Mehrheit der derzeit 747 Abgeordneten. Es mussten also mindestens 374 Parlamentarier für sie stimmen. Mit 383 Stimmen erreichte sie diese Mehrheit äusserst knapp.
Keine Spitzenkandidatin
Im Europawahlkampf war von der Leyen nicht als Spitzenkandidatin angetreten. Eigentlich war vorgesehen, dass der Kommissionspräsident aus dem Kreis der Spitzenkandidaten gewählt wird. Von ihnen konnte sich aber keiner durchsetzen.
Die Staats- und Regierungschefs nominierten daher die deutsche Verteidigungsministerin für das Amt. Diese Abkehr vom Spitzenkandidatenprinzip stiess im Parlament auf Kritik. Vor allem die SPD-Abgeordneten sprachen sich deutlich gegen von der Leyen aus.
Rede für Klimaziele und Digitalsteuer
In ihrer Rede am Morgen vor der Wahl beschwor von der Leyen Einheit und Zusammenhalt, damit Europa sich in der Welt behaupten könne. Sie bekräftigte ihr Versprechen eines klimaneutralen Europas bis 2050 und einer Senkung der Treibhausgas-Emissionen um 55 Prozent bis 2030.
«Unsere drängendste Aufgabe ist es, unseren Planeten gesund zu halten», sagte von der Leyen. Sie betonte zudem, sie werde sich für vollständige Gleichberechtigung von Männern und Frauen einsetzen.
Unsere drängendste Aufgabe ist es, unseren Planeten gesund zu halten.
Grosse Internetkonzerne sollen nach ihrem Willen in Europa stärker besteuert werden. «Es ist nicht akzeptabel, dass sie Profite machen und keine Steuern zahlen», sagte sie. Die Einführung einer Digitalsteuer in Europa war unter der Kommission von Jean-Claude Juncker am Widerstand einiger Staaten gescheitert.
Sie schloss auch eine weitere Verschiebung des Brexits nicht aus – was Protestrufe der Brexit-Partei im Parlament auslöste. Eine Verlängerung der Austrittsfrist für Grossbritannien wäre möglich, wenn es gute Gründe gäbe, sagte sie. Die Frist läuft derzeit bis 31. Oktober.
Volles Risiko
Von der Leyen hatte am Montag ihren Rücktritt als Verteidigungsministerin angekündigt und setzte alles auf eine Karte. Das Amt hatte sie seit Ende 2013 inne. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat eine rasche Kabinettsumbildung nach dem angekündigten Rücktritt der Verteidigungsministerin angekündigt.
Als Kommissionspräsidentin kann von der Leyen in den nächsten fünf Jahren politische Linien und Prioritäten mitbestimmen. Sie wird Chefin von mehr als 30'000 Mitarbeitern in der Kommission. Diese ist dafür zuständig, Gesetzesvorschläge zu machen und die Einhaltung von EU-Recht zu überwachen. Sie bestimmt damit auch den Alltag der gut 500 Millionen Europäer mit.