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Helden oder Verbrecher? Whistleblower werden in der EU besser geschützt

Von Diesel-Gate bis Cambridge Analytica: Hinweisgeber haben etliche Skandale aufgedeckt. Die EU stärkt ihnen den Rücken.

Das EU-Parlament darf zu Recht für sich in Anspruch nehmen, der neuen Richtlinie den Stempel aufgedrückt zu haben. Politiker eigentlich aller Parteien äusserten sich denn auch höchst zufrieden zum nun vorliegenden Kompromiss. Von einem grossen Schritt vorwärts sprachen etwa die deutsche Grüne Julia Reda, oder auch der spanische Sozialist Ramon Jauregui.

Etwas nüchterner, aber gleichwohl zufrieden äusserte sich CDU-Mann Axel Voss: «Wir haben jetzt eine Anleitung für rechtmässiges Whistleblowing. Es wurde auch Zeit dafür.» Beim vorliegenden Kompromiss handelt es sich um eine Einigung zwischen den Unterhändlern des Parlaments und den Unterhändlern der Mitgliedstaaten.

EU-Parlament setzt sich durch

Bei diesen Verhandlungen haben sich die Vertreter des Parlaments beim strittgsten Punkt durchgesetzt: Bei der Frage nämlich, welche Möglichkeiten Whistleblower haben sollen, wenn sie Skandale in ihren Unternehmen aufdecken.

Christopher Wylie
Legende: Christopher Wylie enthüllte etwa die Machenschaften von Cambridge Analytica. Die Firma nutzte private Daten von Facebook-Usern für gezielte politische Beeinflussung – etwa vor dem Brexit. Reuters

Die Mitgliedstaaten wollten die Whistleblower zunächst verpflichten, dass sie sich zuerst immer an betriebsinterne Stellen wenden sollen. Für das Parlament kam das aber nicht in Frage. Es setzte durch, dass sich Whistleblower auch direkt an staatliche Stellen wenden und in gewissen Situationen sogar direkt die Medien einschalten können.

Schweizer Politik nimmt neuen Anlauf

Box aufklappen Box zuklappen

Die Schweiz tut sich seit Jahren schwer mit dem Schutz von Whistleblowern. Jetzt nimmt der Bundesrat einen neuen Anlauf und schlägt folgendes vor: Wer Unregelmässigkeiten im Betrieb feststellt, soll diese zuerst seinem Arbeitgeber melden. Erst wenn das folgenlos bleibt, kann eine externe Behörde eingeschaltet werden und nur in seltenen Ausnahmefällen dürfen sich Whistleblower straflos an die Öffentlichkeit wenden.

Diese Hürden seien viel zu hoch, kritisiert Alex Biscaro von Transparency International: «Der Gang an die Behörde muss zulässig sein, wenn eine interne Meldung von vornherein wirkungslos ist.» Was SVP-Nationalrat und Rechtsprofessor Hansueli Vogt nicht weiter stört. Er sei ohnehin kein grosser Befürworter von Whistleblowerschutz. Wenn schon, müsse das vor allem intern geregelt werden. Angestellte sollten auf keinen Fall ermuntert werden, an die Öffentlichkeit zu gehen, bevor sie intern versucht hätten, Missstände zu beheben.

All das dürfte an der nächsten Sitzung der Rechtskommission des Nationalrates anfangs Mai noch viel zu reden geben. Ob der Whistleblowerschutz wie geplant schon in der Sommersession ins Parlament kommt, ist deshalb höchst ungewiss.

Die für das Dossier verantwortliche französische EU-Parlamentarierin, die linke Französin Virginie Rozière, betonte stolz, dass sich das Parlament für das Gemeinwohl eingesetzt habe und dass dies ein positives Signal für die anstehenden EU-Wahlen sei.

Nach dem Ja des Parlaments müssen nun auch noch die Mitgliedstaaten dem Kompromiss zustimmen. Davon ist auszugehen, nachdem deren Unterhändler die Einigung mitgetragen haben. Damit werden sich die EU-Mitgliedstaaten erstmals einheitliche Regeln für den Schutz von Whistleblowern geben.

Bislang herrschte Wildwuchs in Europa

Bis anhin kannten erst zehn Mitgliestaaten solche Regeln. Das führte dazu, dass der Whistleblower, der die Lux-Leaks-Affäre aufdeckte, 2015 vom EU-Parlament mit dem European Citicen Price ausgezeichnet wurde, ein Jahr später aber von einem luxemburgischen Gericht wegen Datendienstahls verurteilt wurde. Die Strafe wurde ihm später erlassen.

Whistleblower werden nun EU-weit besser geschützt. Weil sie keine Verbrecher, sondern Helden sind, wie die Mehrheit im EU-Parlament überzeugt ist.

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