Zehn Prozent der Bevölkerung auf den Seychellen sind heroinsüchtig. Diese Quote ist so hoch wie sonst nirgends auf der Welt. Der Präsident des Landes will darum einen kompromisslosen Krieg gegen die Drogen führen. Im Interview spricht Naveena Kottoor über die Erfolgschancen. Sie ist freie Journalistin für verschiedene Länder in Ostafrika.
SRF News: Eigentlich geht es den Seychellen recht gut. Der Inselstaat hat pro Kopf das höchste Bruttoinlandprodukt aller afrikanischen Länder und gleichzeitig den höchsten Heroinkonsum weltweit. Wie geht das zusammen?
Naveena Kottoor: Es sieht danach aus, als würde der Wohlstand diesen Drogenkonsum mitfinanzieren. Die Seychellen sind ein relativ wohlhabendes Land.
Es sieht danach aus, als würde der Wohlstand diesen Drogenkonsum mitfinanzieren.
Es ist viel Geld im Umlauf. Das hat es auch vielen abhängigen Menschen ermöglicht, das Heroin über lange Zeit zu finanzieren. Mittlerweile ist von einer Epidemie die Rede. Bislang war man nicht in der Lage, das Problem in den Griff zu kriegen.
Als Tourist und Touristin auf den Seychellen sieht man das tropische Ferienparadies und kaum diese Schattenseite. Wie zeigt sich die Heroin-Epidemie im Land?
Sie zeigt sich schnell. Sie zieht sich durch die Gesellschaft. Es sind unterschiedliche Einkommens- und Altersgruppen betroffen. Die Einfuhr und der Verkauf von Heroin sind illegal. Trotzdem gibt es viele Einzelhändler, die damit Geld verdienen, und von denen man sich die Droge einfach beschaffen kann.
Die Einfuhr ist illegal. Woher kommt denn das Heroin?
Die Seychellen liegen auf einer Handelsroute, auf der Drogen transportiert werden. Die Behörden sagen, es sei schwierig, die Gewässer, die etwa eine Million Quadratkilometer ausmachen, zu bewachen, und dass Schmuggler es immer wieder schafften, die Drogen auf die Inseln zu bringen.
Es sind also verschiedene Altersgruppen betroffen. Die Regierung sagt, besonders viele junge Menschen seien heroinsüchtig. Warum?
Das ist tatsächlich so. Es zeigt sich auch darin, dass in den vergangenen Jahren Einbrüche und Überfälle auch in Touristengegenden zugenommen haben. Die Droge muss irgendwie bezahlt werden.
Die Seychellen haben vor rund 15 Jahren eine Behörde eingerichtet, um etwas gegen das Heroin-Problem zu tun. Mit mässigem Erfolg. Was lief falsch?
Man hat sich aus dem Ausland beraten lassen. Es heisst, dass diese Berater den lokalen Kontext nicht verstanden haben. Es gibt auch Vorwürfe, dass die Behörde korrupt war. Von Amtsmissbrauch ist die Rede und es soll Geld abgezweigt worden sein auf ausländische Konten. Kommt hinzu, dass die Polizei aggressiver gegen die Schmuggler hätte vorgehen müssen. Man vermutet, dass diese sich entweder freigekauft haben oder die Polizei nicht entschieden genug gehandelt hat.
Also eine falsche Drogenpolitik. Die Regierung kündigt an, dass sie einen harten Kurs fahren will. Sie spricht gar von einem kompromisslosen Krieg gegen die Drogen. Wird das etwas bringen?
Das gab es ja bereits in der Vergangenheit. Dann ist man umgeschwenkt und hat versucht, den Konsum zu entkriminalisieren. Experten sagen, dass es nicht genug Psychologen und Sozialarbeiterinnen gebe, die den Abhängigen beim Drogenausstieg helfen können. Es heisst auch immer wieder, dass man zu wenig gegen Kriminelle vorgegangen sei. Ob der neue Kurs Besserungen bringt, muss man in ein oder zwei Jahren schauen.
Das Gespräch führte Vera Deragisch.