Die Schweizer Vertretung in Minsk wird aufgewertet. Sie wird zu einer offiziellen Schweizer Botschaft. Aus diesem Anlass trifft Aussenminister Ignazio Cassis Weissrusslands Langzeitherrscher Aleksander Lukaschenko.
Gerade mal 31 Schweizerinnen und Schweizer leben in Belarus, praktisch alle in der Hauptstadt Minsk. In der Nähe betreibt Stadler Rail ein Montagewerk mit über 1200 Beschäftigten. Es ist die einzige grosse Schweizer Investition im Land; ansonsten sind die Wirtschaftsbeziehungen mit der Schweiz kaum der Rede wert.
Dennoch wertet nun die Schweiz ihr kleines Büro in Minsk zu einer offiziellen Botschaft auf. Das habe vor allem politische Gründe, sagt Botschafterin Anna Ifkovits Horner. Sie ist im Aussendepartement in Bern für Europa, den Europarat und die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) zuständig: «Wir sehen die Rolle von Weissrussland mit den Minsker-Agreements als Brückenbauer in der Region. Es geht um die Beilegung des Konfliktes in der Ukraine. Da ist die Schweiz sehr engagiert und arbeitet mit Weissrussland zusammen.»
Die Schweizer Diplomatin Heidi Grau koordiniert im Auftrag der OSZE Gespräche zwischen den Konfliktparteien in der Ostukraine. Die weissrussische Hauptstadt Minsk ist regelmässig Standort für diese Gespräche.
Propaganda für Lukaschenko?
Dass Belarus jetzt als Brückenbauer wahrgenommen wird, ist dennoch erstaunlich. Vor wenigen Jahren noch war im Zusammenhang mit Lukaschenko eher die Rede von der letzten Diktatur in Europa und noch immer gebe es viel zu verbessern, bestätigt Botschafterin Ifkovits: «Weissrussland hat im Bereich Menschenrechte und Demokratie noch einen langen Weg vor sich. Wir finden, es ist besser, wenn man unterstützend durch eine Botschaft vor Ort wirkt, als dass man wegschaut oder nichts tut.»
Langzeitherrscher Lukaschenko schlachtet jeden Handschlag mit einem westlichen Politiker medial aus, auch über das Treffen mit Bundesrat Ignazio Cassis wird sicher ausführlich berichtet. Doch dass die Schweizer Delegation von einem umstrittenen Staatschef für Propagandazwecke missbraucht wird, befürchtet Ifkovits nicht. «Ich glaube, die Beziehung von Weissrussland zum Westen hat eine neue Dynamik bekommen. Für uns ist es auch eine Anerkennung der kleinen, aber wichtigen Öffnungsschritte, die das Land in den letzten Jahren gemacht hat.»
Einsatz gegen Todesstrafe und Folter
So gebe es Anzeichen dafür, dass sich in Sachen Todesstrafe etwas tue, die in Belarus als einzigem europäischen Land noch immer vollzogen wird. «Das Thema wird ständig angesprochen. Wir können da unterstützend wirken. Auch im Bereich Folterprävention haben wir eine Zusammenarbeit mit Weissrussland.»
Und was die noch kaum existierenden Wirtschaftsbeziehungen angehe, da gebe es zumindest ein grosses Potenzial. Etwas, das Stadler Rail Chef Peter Spuhler erkannt hat. Er trifft die Schweizer Delegation heute in Minsk.
SRF 4 News, Rendez-vous, 13.02.2020