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Historikerbericht öffentlich Die FPÖ und ihre braunen Spuren

Die FPÖ stellt den Bericht zu ihren nationalsozialistischen Verflechtungen vor. Doch die Parteispitze fehlte.

Mehrfach war die Veröffentlichung des Berichtes verschoben worden, der unter der Leitung einer parteiinternen Historiker-Kommission entstanden ist. Kurz vor Weihnachten nun veröffentlichte die FPÖ den rund 670 Seiten dicken Untersuchungsbericht. Das ist kein taktisches Manöver, hiess es am Montag an der Medienkonferenz.

Präsentation ohne Parteispitze

FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker erklärte, die Partei habe versucht, die Veröffentlichung im Rahmen eines breit abgestützten Podiums zu organisieren. Es habe jedoch kaum einer kommen wollen. Parteichef Norbert Hofer habe nach diesen «konzentrierten Absagen» beschlossen, den Bericht wie versprochen noch vor Weihnachten zu veröffentlichen.

Schon im Vorfeld hatte sich die FPÖ attestiert, eine Partei wie jede andere zu sein. Denn auch bei der SPÖ und der ÖVP gab es braune Flecken aufzuarbeiten.

Die Nähe der Partei zum Nationalsozialismus ist kein Geheimnis, sagte der am Bericht beteiligte Historiker Thomas Grischany. Doch er betonte, dass sich die FPÖ längst von der Nazi-Vergangenheit gelöst habe.

Die FPÖ ist nicht bloss ein Art Wurmfortsatz eines Sammlungsbeckens der Ehemaligen.
Autor: Thomas Grischany Historiker

Trotz personellen Verflechtungen hat die FPÖ auf der inhaltlich materiellen Ebene ein Eigenleben entwickelt, sagt Gischany. Der Historiker war Kabinettsmitarbeiter des ehemaligen FPÖ-Chefs Heinz-Christian Strache.

Kritik an Zusammensetzung der Kommission

Experten kritisierten die Zusammensetzung der FPÖ-Historikerkommission von Anfang an. Durch die Nähe deren Mitglieder zur FPÖ vermissten sie Unabhängigkeit und Transparenz. Eine im Sommer veröffentlichte Rohfassung des Berichts mit rund 20 Seiten erntete ebenfalls viel Kritik.

Hafenecker, Mölzer und Grischany während der Pressekonferenz.
Legende: Generalsekretär Christian Hafenecker stellte mit FPÖ-Vordenker Andreas Mölzer (rechts) und Historiker Thomas Grischany (links) den Bericht vor. Keystone

Es hantelt sich um einen «schonungslosen» Bericht, sagten die FPÖ-Vertreter nun an der Präsentation. Erstellt hätten ihn unabhängige Experten, darunter zwei israelische Wissenschaftler. Doch ein Gesamturteil eines israelischen Historikers fehlt.

Nähe zu Burschenschaften nicht aufgearbeitet

Man soll die FPÖ an ihren Taten messen, nicht nur an ihren Worten, hiess es weiter. Doch Beobachter zweifeln, dass es der Partei mit der Aufarbeitung wirklich ernst ist. Aus der sogenannten «Liederbuch-Affäre» von Anfang 2018, die den Anlass für den Bericht war, habe die Partei kaum Konsequenzen gezogen.

Die Liederbuch-Affäre

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Anlass des Berichts war die sogenannte «Liederbuch-Affäre» von Anfang 2018. Damals war in der Burschenschaft Germania ein Liederbuch entdeckt worden, das den Holocaust verharmloste.

Mitglied dieser Burschenschaft war Udo Landbauer, FPÖ-Spitzenkandidat in Niederösterreich. Er ist nach wie vor in der Parteileitung.

Die deutschnationalen Burschenschaften sind eng verflochten mit der FPÖ. Im Rahmen der Historiker-Kommission sind sie nicht aufgearbeitet worden. Ein weiterer Kritikpunkt.

Es ist nicht Aufgabe der FPÖ, privatrechtlichen Vereinen Fragen zu stellen und in deren Archive einzudringen, sagte Thomas Grischany. «Was wir gemacht haben, ist ein entsprechender historischer Abriss über die Geschichte der Kooperationen und über das Liedgut.»

FPÖ-Vordenker Andreas Mölzer sagte an der Präsentation, wie er den Bericht gelesen haben will: «Insgesamt könnte man natürlich pointiert sagen: Zu behaupten, die FPÖ sei eine Nachfolgepartei der NSDAP, ist eine Verharmlosung des Nationalsozialismus.»

Nun werden sich andere Historiker und Experten über die 670 Seiten beugen und bekannt geben, ob sie die Aufarbeiteung der Parteigeschichte der Freiheitlichen für genau so unabhängig, wissenschaftlich und schonungslos halten, wie die FPÖ.

Bericht zum Nachlesen

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