So teuer war Benzin in der Schweiz noch selten. Deutlich über zwei Franken kostet in diesen Tagen vielerorts ein Liter Bleifrei. Das führt an der Grenze zu Österreich zu einem regelrechten «Tank-Tourismus». Vom St. Galler Rheintal nehmen derzeit viele Autofahrerinnen und Autofahrer eine 10- bis 15-minütige Fahrt auf sich, um jenseits der Grenze günstiger den Tank füllen zu können.
Auch in Lustenau im Westen des Bundeslandes Vorarlberg trifft man derzeit viele Schweizerinnen und Schweizer an. «Dort wo es billiger ist, kaufe ich das Benzin. Je nach Verdienst macht das sehr viel aus», sagt ein Autofahrer aus der Ostschweiz. Ein anderer rechnet vor, dass der Preisunterschied in Österreich zwischen 20 und 30 Franken für einen vollen Tank betrage.
In Österreich tankt sich's am günstigsten
Wegen der tieferen Mineralölsteuern und dem starken Franken tanken derzeit viele Schweizer Autofahrerinnen und Autofahrer in Österreich. Denn Österreich ist das günstigste unserer Nachbarländer, wie ein Blick in die Statistik des Touring Club Schweiz (TCS) zeigt.
Am vergangenen Freitag bezahlte man in Österreich für einen Liter Bleifrei im Durchschnitt 1.73 Franken – in der Schweiz 2.11 Franken. Den Geschäftsführer der Eni-Tankstelle in Lustenau freut das: «Wir machen momentan 30 Prozent unseres Umsatzes mit Schweizerinnen und Schweizern», sagt Herbert Oberschneider.
Politik diskutiert über Preisnachlass
Die hohen Benzinpreise sorgen in der Schweizer Politik für Diskussionen. Links und Rechts zeigen sich uneinig in der Frage, ob und wie der Bundesrat eingreifen soll. Für konkrete Massnahmen spricht sich Christian Imark, Nationalrat (SVP/SO), aus: «Es gibt Treibstoffzölle, Treibstoff-Zollzuschläge und die Mehrwertsteuer. Rund die Hälfte des Benzinpreises geht an den Staat. Da hat der Bund einen hohen Handlungsspielraum, vorübergehend auf Steuern für alle zu verzichten.»
Der Bund hat einen hohen Handlungsspielraum, vorübergehend auf Steuern für alle zu verzichten.
Anders sieht das Regula Rytz, Nationalrätin (Grüne/BE): «Wirtschaftssanktionen haben zum Ziel, Putin in die Knie zu zwingen und diesen unglaublich zerstörerischen Krieg zu beenden. Ich denke, die meisten Menschen in der Schweiz sind bereit, höhere Preise zu bezahlen.»
Während die Politik über mögliche Massnahmen diskutiert, läuft jenseits der Grenze das Geschäft. Die Zunahme des «Tank-Tourismus» in Österreich zeige auch eine Auswertung der Hochschule St. Gallen (HSG), erklärt SRF-Korrespondent Urs Schnellmann im Rheintal. «Die Kartenzahlungen von Schweizerinnen und Schweizern für Treibstoff in Österreich haben im Vergleich zu 2019 – also vor Corona – um satte 25 Prozent zugenommen.»