Im zentral-amerikanischen Staat Honduras ist die Regierungspartei, der konservative Partido Nacional, tief verstrickt in die organisierte Kriminalität: Der Bruder des abtretenden Präsidenten Juan Orlando Hernandez sitzt in den USA wegen Drogen- und Waffenschmuggels lebenslänglich hinter Gittern. Der Präsident selber wird in den Gerichtsakten als Mitverschwörer bezeichnet, ebenso der Vizepräsident, der Parlamentspräsident und der ehemalige nationale Polizeichef.
Die Wut in der Bevölkerung über die korrupte politische Elite ist gross. Dennoch hat der Partido Nacional am kommenden Sonntag intakte Chancen, die Wahlen erneut zu gewinnen.
Einwohner setzen Hoffnung in Präsidentschaftskandidaten
Nur eine kleine Naturstrasse führt hinauf nach Loma Alta, einem kleinen Weiler in den Bergen, eine halbe Stunde ausserhalb der Hauptstadt Tegucigalpa. Hier wohnt Belicia. Die vierfache Mutter arbeitet 12-Stunden-Schichten in einer Textilfabrik – pro Monat verdient sie dennoch nur knapp 200 Franken. Sorgen machen ihr auch die allgegenwärtige Gewalt, fehlende Gesundheitsversorgung und die schlechten Schulen. Schuld daran sei die gegenwärtige Regierung des Partido Nacional, die schlechteste, die es in Honduras je gegeben habe, findet Belicia: «Präsident Juan Orlando Hernandez und seine Verbündeten sind alle korrupt.»
Nasri Asfura wird hoffentlich ein besserer Präsident sein als Juan Orlando Hernandez.
Trotzdem will sie am Sonntag Nasri Asfura, den Präsidentschaftskandidaten des Partido Nacional, wählen. «Ich war schon immer für die Nationalisten, wie die meisten hier im Dorf», sagt Belicia. «Nasri Asfura wird hoffentlich ein besserer Präsident sein als Juan Orlando Hernandez», meint sie.
Nasri Asfura ist Stadtpräsident von Tegucigalpa und ein schwerreicher Bau-Unternehmer. Aber anders als der abtretende Präsident Hernandez sei Asfura sehr volksnah, sagt Belicia. Der Kandidat der Nationalisten habe mal mit ihrem Bruder, einem Bauarbeiter, das Mittagessen geteilt, schwärmt Belicia vom charismatischen Politiker und Bau-Unternehmer.
Asfura, den Belicia liebevoll als Papi bezeichnet, habe zudem viel für sie getan. Dank Papi Asfura und dem Partido Nacional werde nun endlich die Naturstrasse hinauf ins Dorf verbessert. Zudem habe sie kürzlich einfach so Geld für die Reparatur des Hauses und Schulgeld für die Tochter erhalten.
Partido Nacional wirbt mit Lebensmittelpaketen und Geldgeschenken
Dass Politiker kurz vor den Wahlen plötzlich Gutes tun, habe in Honduras eine lange Tradition, sagt Soziologie-Professor Eugenio Sosa von der Autonomen Universität von Honduras. Kurzzeitig würden jeweils Stellen geschaffen und Geschenke verteilt.
«Mit Lebensmittelpaketen, Baumaterial oder Bargeld, meistens finanziert durch Steuergelder, sichert sich der Partido Nacional die Unterstützung der untersten sozialen Klassen». Schamloser Stimmenkauf sei das, sagt Soziologe Sosa.
Mit Lebensmittelpaketen, Baumaterial oder Bargeld, meistens finanziert durch Steuergelder, sichert sich der Partido Nacional die Unterstützung der untersten sozialen Klassen.
Der frühere Oppositions-Parlamentarier und heutige Polit-Analyst Tomas Andino nennt weitere Beispiele. Bei den letzten Wahlen habe der Partido Nacional Debitkarten mit einem fixen Geldbetrag verteilt. Wer mit einem Foto des Wahlzettels nachweisen konnte, dass er oder sie für die Nationalisten gestimmt hatte, dessen Geldbetrag auf der Karte wurde frei geschaltet. Sowas wäre andernorts strafbar – in Honduras hingegen habe die Regierungspartei sogar im Fernsehen dafür geworben.
«In einem Land, in dem mittlerweile die Hälfte der Bevölkerung in extremer Armut lebe und oft nicht genug zu essen hat, sind natürlich viele Menschen anfällig für die skandalösen Wahlkampfmethoden des Partido Nacional», erklärt Polit-Analyst Tomas Andino.
Partei mit genügend Geld hat beste Chancen auf Wahlsieg
Bis heute hat Nasri Asfura kein Wahlprogramm vorgelegt. Dafür hat er das Land mit einer Flut von Wahlwerbung überzogen, mit inhaltsleeren Phrasen, wie «gemeinsam bringen wir das Land vorwärts».
Asfura wisse ganz genau, sagt Ex-Politiker Tomas Andino, dass nur wenige in Honduras einen Kandidaten oder eine Partei aufgrund ihres Leistungsausweises wählt oder deren Wahlversprechen analysiert. Entscheidend sei letztlich nicht, ob ein Kandidat integer und seine politischen Positionen glaubwürdig seien, sondern viel mehr das Geld.
Wer genügend Geld habe für Propaganda und Betrug, habe in Honduras die besten Chancen zu gewinnen – und der Partido Nacional verfügt über sehr viel Geld.