- In Deutschland hat die Gewerkschaft Verdi mit einem Warnstreik des Bodenpersonals an fünf Standorten den Flugbetrieb der Lufthansa empfindlich getroffen.
- Von den ursprünglich mehr als 1000 geplanten Flügen fielen bis zu 90 Prozent aus.
- Mehr als 100'000 Passagiere mussten der Lufthansa zufolge ihre Pläne ändern.
An den deutschen Flughäfen in Hamburg, Berlin und Düsseldorf fielen die Zubringerflüge zu den Drehkreuzen aus, sagte ein Sprecher der Nachrichtenagentur AFP. An den Drehkreuzen Frankfurt und München fand jeweils nicht einmal mehr die Hälfte des sonst üblichen Luftverkehrs statt, denn die Lufthansa ist an beiden Flughäfen der mit Abstand grösste Kunde.
Die Lufthansa hatte Fluggäste auf annullierten Flügen im Voraus gebeten, sich nicht zum Flughafen zu begeben. Betroffene Kundinnen und Kunden können demnach kostenlos umbuchen. Wer einen innerdeutschen Flug gebucht habe, könne darüber hinaus sein Ticket auf der Internetseite der Lufthansa in einen Bahngutschein umwandeln.
Nicht oder kaum betroffen waren hingegen die Passagiere der Lufthansa-Töchter wie der Swiss und externe Airlines. Die Tochtergesellschaft Swiss könne den Flugbetrieb regulär durchführen, sagt Mediensprecherin Karin Montani gegenüber SRF News. «Bei Streiks kann sich die Situation aber laufend verändern», so Montani.
27-stündiger Streik
Verdi hatte die Beschäftigten verschiedener Lufthansa-Firmen in München, Frankfurt, Berlin, Düsseldorf und Hamburg aufgerufen, ab 4.00 Uhr die Arbeit ruhenzulassen. Der Warnstreik soll bis 07.10 Uhr am Donnerstag laufen.
Hintergrund sind die laufenden Tarifverhandlungen für die Beschäftigten am Boden in den Konzerngesellschaften Deutsche Lufthansa, Lufthansa Technik, Lufthansa Cargo und weiteren. Im Tarifkonflikt fordert Verdi 12.5 Prozent mehr Gehalt, mindestens aber 500 Euro monatlich bei einer Laufzeit von einem Jahr.
Ausserdem soll es eine konzernweite Inflationsprämie von 3000 Euro geben. Die Lufthansa hat für einen Zeitraum von drei Jahren 13 Prozent mehr Geld sowie eine Inflationsprämie angeboten. Die nächste Verhandlungsrunde ist für Montag geplant.
Hohe Streikbereitschaft
Verdi drohte mit längeren Streiks, falls der Lufthansa-Vorstand sein bisheriges Tarifangebot für das Bodenpersonal mit rund 25'000 Beschäftigten nicht deutlich nachbessere.
Die Streikbereitschaft am Boden sei in den vergangenen 20 Jahren noch nie so hoch gewesen, sagte Verhandlungsführer Marvin Reschinsky bei einer Protestversammlung mit mehreren Hundert Teilnehmern vor der Lufthansa-Verwaltung am Frankfurter Flughafen.
Die von Verdi gewählte Eskalation sei nicht notwendig gewesen, sagte Lufthansa-Personalvorstand Michael Niggemann im ZDF. Das Angebot einer Steigerung von Gehalt und weiteren Bestandteilen von bis zu 13 Prozent über die kommenden drei Jahre solle erst einmal verhandelt werden.
Niggemann verwies auf «enorme Investitionsbedarfe in neue Flugzeuge, treibstoffärmere Flugzeuge, in neue Sitze, in digitale Reiseerlebnisse. Alles das muss finanziert werden.» Die Protestierenden bat er in einer Ansprache, den zurückliegenden Abschluss mit Gehaltserhöhungen von bis zu 19 Prozent ebenso anzuerkennen wie das vorgelegte Angebot.
Reschinsky hielt dem Management hingegen vor, die eigenen Leute respektlos zu behandeln. «Die Zweiklassengesellschaft zwischen fliegendem Personal und Boden muss endlich beendet werden.» Der Bundesverband der deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) versuchte derweil, die Lage zu deeskalieren.