Von den Gemeinden südlich von Freiburg im Breisgau sieht man es in der Sonne leuchten: Das Atomkraftwerk Fessenheim. Regelmässig schreckten Störungsmeldungen des über 40 Jahre alten AKW mitten im Erdbebengebiet die Bevölkerung auf. Seit der Atomkatastrophe von Fukushima 2011 fanden wöchentlich Mahnwachen gegen das AKW statt.
Kein Sicherheitsrisiko mehr
Bärbel Schäfer, Regierungspräsidentin der Region um Freiburg im Breisgau, setzte sich jahrelang für die Schliessung des Kernkraftwerks ein. «Das ist natürlich zunächst einmal mit einer grossen Erleichterung für uns alle verbunden», sagt sie. «Wenn dann die letzten Brennelemente abtransportiert sind, haben wir endgültig kein Sicherheitsrisiko mehr von dieser Anlage.»
Ganz anders ist die Stimmungslage auf der anderen Seite des Rheins, in den Gemeinden am Fusse des Kernkraftwerks. Dort wehrte man sich bis zuletzt gegen die Schliessung – unterstützt von der französischen Gewerkschaft. Über tausend Arbeitsplätze würden mit der Schliessung wegfallen.
Und das in einer sonst schon strukturschwachen Region, wie Claude Brender, Bürgermeister der Gemeinde Fessenheim betont. Trotzdem glaubt er: «Wir sprechen jetzt schon so viele Jahre darüber. Die Leute akzeptieren die Schliessung soweit möglich.» Verstehen würden sie es aber nicht. In Frankreich habe man eben weniger Angst vor der Atomenergie als in Deutschland und in der Schweiz.
Keine Zukunftsaussichten mehr
Claude Brender rechnet damit, dass über zehn Prozent der Bevölkerung aus der Gemeinde wegziehen, weil sie ihre Arbeit verlieren. Zudem fielen für Fessenheim und die umliegenden Gemeinden Steuereinnahmen in Millionenhöhe weg.
«Nach der Schliessung des AKWs haben wir noch keine Zukunftsaussichten», so der Bürgermeister. Auch der im Gebiet von Fessenheim geplante Gewerbepark zur Förderung erneuerbarer Energien bringe kurzfristig keine Arbeitsplätze.
Im deutschen Freiburg spricht Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer dagegen von einer Chance. Wenn es nach ihr geht, sollen Deutschland und Frankreich die Zukunft nach dem Atomkraftwerk zusammen gestalten. Symbol dafür: Zwischen Colmar und Freiburg soll es wieder eine direkte Zugverbindung geben – wie schon vor dem Zweiten Weltkrieg.