- Beim Kentern eines Flüchtlingsbootes im Ärmelkanal sind 27 Menschen gestorben.
- Das verlautete in der Nacht zum Donnerstag aus französischen Regierungskreisen.
- Innenminister Gerald Darmanin hatte zunächst von mindestens 31 Toten gesprochen.
- Seinen Worten zufolge befanden sich zwei Migranten in kritischem Zustand im Krankenhaus. Sie litten an schwerer Unterkühlung.
Wie die Maritime Präfektur während der noch laufenden Rettungsaktion mitteilte, setzte ein Fischerboot den Notruf ab, dass sich mehrere Migranten in Seenot im Ärmelkanal befänden. Mit Booten und Hubschraubern bemühten sich Helfer von Frankreich aus um eine Bergung. Einige der Geretteten befänden sich in Lebensgefahr. Die französische Polizei habe vier Personen in Gewahrsam genommen. Sie stünden im Verdacht, die Tragödie mitverursacht zu haben.
Mindestens 50 Migranten auf dem Boot
Die Zeitung «La Voix du Nord» berichtete von mindestens 27 Toten. Auf dem Boot hätten sich rund 50 Migranten befunden, als dieses rund 15 Kilometer von Calais entfernt kenterte. In dem von Sicherheitskräften abgesperrten Hafen von Calais habe eine bleierne Stille geherrscht, als die Toten in der Dunkelheit von den Rettungsschiffen an Land gebracht worden seien. Im Spital wurde zur Versorgung der Überlebenden ein Notfallplan aktiviert.
Der britische Premierminister Boris Johnson sagte, er sei «schockiert, entsetzt und zutiefst betrübt» nach dem Tod von wenigstens 30 Migranten, berichtete die Nachrichtenagentur PA. Als Reaktion berief er das nationale Sicherheitskabinett ein.
Man kann nicht oft genug betonen, wie kriminell die Schlepper sind, die diese Überfahrten organisieren.
Frankreichs Premierminister Jean Castex sprach von einer Tragödie, seine Gedanken seien bei den zahlreichen Opfern. Es gebe grosse Betroffenheit angesichts des Dramas beim Kentern des Bootes, sagte Innenminister Darmanin. «Man kann nicht oft genug betonen, wie kriminell die Schlepper sind, die diese Überfahrten organisieren.»
Neues Kooperationsabkommen
Erst im Juli hatten beide Seiten ein neues Kooperationsabkommen vereinbart, um die wachsende Zahl der Migranten, die mit kleinen Booten über den Ärmelkanal nach England kommen, in den Griff zu bekommen. London sagte dabei 62.7 Millionen Euro zu, um die französischen Behörden zu unterstützen.
Vor allem die britische Innenministerin Priti Patel steht wegen der wachsenden Zahl an Migranten unter Druck. Konservative Kreise und Medien sprechen von einer «Krise». Allerdings ist die Zahl der Flüchtlinge, die in Grossbritannien Asyl beantragen, deutlich niedriger als in anderen europäischen Ländern.
Patel hatte angekündigt, die Überfahrten zu beenden. Nach dem Brexit führte die Regierung scharfe Zuwanderungsregeln ein. Noch aber hat Patel kein Mittel gefunden, die Migration über den Ärmelkanal zu stoppen. Zuletzt kündigte sie erneut eine Verschärfung der Asylregeln an.