Der gewählte künftige Präsident der USA hat bekannt gegeben, dass die Indigene Deb Haaland Innenministerin werden soll. Erstmals in der Geschichte der USA könnte damit eine indigene Frau Teil der Regierung werden. Für die 5.5 Millionen indigenen US-Amerikaner bedeutet dies Hoffnung auf mehr Gelder des Kongresses, wie Heike Bungert von der Universität Münster sagt.
SRF News: Wer ist Deb Haaland?
Heike Bungert: Deb Haaland ist bekannt, weil sie 2018 in den Kongress als eine von zwei ersten Indianerinnen im Kongress gewählt wurde. Sie ist durch ihre Mutter eine Laguna Pueblo. Sie hat Englisch und Jura studiert. Sie kennt die Problematik von Armut und Benachteiligung. Sie war beim Volk der Laguna Pueblos zuständig für wirtschaftliche Entwicklung. Seit ungefähr zehn Jahren ist sie stark in der Demokratischen Partei involviert.
Wofür steht sie als Politikerin?
Sie hat während des Wahlkampfes Joe Bidens und Kamala Harris' «Plan for Tribal Nations» entwickelt. Sie steht einerseits für Entwicklung, aber auch für Anerkennung von Souveränität indigener Nationen. Haaland steht andererseits aber auch für Umweltschutz und Klimaschutz ein.
Als Innenministerin wäre sie unter anderem für die Nationalparks und die Reservate zuständig. Was heisst das für die indigene Bevölkerung?
Das ist eine ideale Besetzung, weil Haaland damit sowohl für die Reservatsländer als auch für die Länder in Treuhänderschaft, die der Bundesregierung gehören, zuständig wäre. Gegen die Länder in Treuhänderschaft ist Donald Trump vorgegangen. Sie würden wieder geschützt.
Jeder einzelne Amerikaner und jede einzelne Amerikanerin muss bereit sein, Indigene als Teil der US-amerikanischen Gesellschaft anzuerkennen.
Andererseits wäre sie zuständig für das Bureau of Indian Affairs, das dem Innenministerium untersteht. Sie könnte beim Kongress mehr Gelder aushandeln und dadurch die Situation für Indigene verbessern.
Es gibt über fünf Millionen Indigene in den USA. Wie ist ihr Stellenwert?
Es geht ihnen zwar besser als Afroamerikanern, aber ob man das positiv sehen will, ist die Frage. Sie haben eine doppelt so hohe Arbeitslosigkeit. Das heisst, sie haben definitiv nicht die gleichen Chancen. In Gebieten, in denen viele Indigene leben, in den Bundesstaaten North und South Dakota zum Beispiel, sind sie noch diskriminiert in Form von strukturellem Rassismus.
Wo müsste Haaland ansetzen, um die Lage der Indigenen zu verbessern?
Das geht vor allem über Geld. Das braucht es für die Infrastruktur und für die wirtschaftliche Entwicklung. Diese ist problematisch, weil viele Reservate sehr abgelegen sind. Da will sich die Wirtschaft nicht ansiedeln, beziehungsweise ist sie dort nicht kompetitiv. Es braucht auch Geld fürs Gesundheits- und Bildungssystem, das wurde in den letzten Jahren wieder stark zurückgefahren. Auch eine stärkere Umweltpolitik ist wichtig.
In den Reservaten gibt es Umwelt-Rassismus: Giftmüll wird dort abgeladen. Sie haben so wenig Geld, dass sie solches annehmen müssen. Auch der Schutz von heiligen Stätten von Indianerinnen und Indianern, die etwa durch den Bau der Mauer zu Mexiko zerstört worden sind, ist ihr ein Anliegen.
Was bedeutet es für die Indigenen, wenn Haaland Innenministerin wird?
Ihr Status in der US-amerikanischen Gesellschaft wird sich verbessern. Aber jeder einzelne Amerikaner und jede einzelne Amerikanerin muss bereit sein, Indigene als Teil der US-amerikanischen Gesellschaft anzuerkennen, und zwar Indigene in ihrer eigenen Kultur, und nicht als assimilierte Amerikaner.
Das Gespräch führte Manuel Ramirez.
Die Köpfe der Biden-Regierung
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Bild 1 von 12. Mit Deb Haaland als Innenministerin soll erstmals eine amerikanische Ureinwohnerin ins Kabinett aufrücken. Die 60-Jährige gehörte zu den ersten zwei Frauen, die 2018 als indigene Amerikanerinnen ins US-Repräsentantenhaus gewählt wurden. Bildquelle: Keystone.
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Bild 2 von 12. Pete Buttigieg könnte mit der Bestätigung durch den Senat der erste offen schwule Bundesminister in der Geschichte der USA werden. Bildquelle: Keystone.
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Bild 3 von 12. Der 58-jährige Anthony Blinken wird künftiger Aussenminister unter Joe Biden. Er war bereits Vizeaussenminister unter Barack Obama. Bildquelle: imago images.
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Bild 4 von 12. Lloyd Austin. Nach Bidens Wille soll der 67-Jährige Pentagon-Chef werden. Er wäre der erste Afroamerikaner auf dem Posten. Bildquelle: Keystone.
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Bild 5 von 12. Die frühere Vorsitzende der Zentralbank FED und 74-jährige Janet Yellen wird Finanzministerin – als erste Frau. Bildquelle: Keystone.
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Bild 6 von 12. Die 51-jährige Avril Haines wird als erste Frau an der Spitze der Nachrichtendienste die verschiedenen US-Geheimdienste koordinieren. Bildquelle: imago images.
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Bild 7 von 12. Alejandro Mayorkas wird Minister für Innere Sicherheit. Der 61-Jährige ist der erste Immigrant und Lateinamerikaner auf dem Posten des Departements, das für die Immigration zuständig ist. Bildquelle: Keystone.
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Bild 8 von 12. Joe Biden nominiert den 43-jährigen Jake Sullivan zum nationalen Sicherheitsberater im Weissen Haus. Bildquelle: imago images.
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Bild 9 von 12. Die Überraschung: Der ehemalige Aussenminister John Kerry feiert ein Comeback und wird Sondergesandter für das Klima. Bildquelle: Keystone.
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Bild 10 von 12. Die 68 Jahre alte Diplomatin Linda Thomas-Greenfield wird US-Botschafterin bei der UNO. Bildquelle: Keystone.
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Bild 11 von 12. Die US-Kongressabgeordnete Marcia Fudge soll Ministerin für Wohnungsbau und Stadtentwicklung im Kabinett Joe Bidens werden. Die Demokratin sitzt seit 2008 für den US-Staat Ohio im Repräsentantenhaus. Bildquelle: Keystone.
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Bild 12 von 12. Der frühere Gouverneur des US-Staats Iowa, Tom Vilsack, wird in der Biden-Regierung als Landwirtschaftsminister amten. Vilsack war bereits in der Regierung Barack Obamas Landwirtschaftsminister. Bildquelle: Keystone.