Der Jahrhundertsturm «Chido» mit Windgeschwindigkeiten von 200 Kilometern pro Stunde hat das französische Überseegebiet Mayotte im Indischen Ozean verwüstet. Die Behörden sprechen von möglicherweise Tausenden Toten. Rettungskräfte kämpfen mit extremen Bedingungen. Die freie Journalistin Naveena Kottoor in Nairobi spricht von chaotischen Zuständen.
SRF News: Was weiss man über das Ausmass der Zerstörung auf Mayotte?
Naveena Kottoor: Die Menschen vor Ort, die bislang erreicht werden konnten, sprechen von einem Jahrhundertsturm. Es muss der stärkste Sturm gewesen sein, der in den letzten 90 Jahren auf die Insel getroffen ist. Das französische Rote Kreuz hat der BBC gesagt, dass die Situation vor Ort chaotisch ist. Von den 200 Mitarbeitenden vor Ort, viele von ihnen Freiwillige, konnten bislang erst 20 erreicht werden, weil viele persönlich betroffen sind.
Augenzeugen berichten, der Sturm habe eine Wirkung ‹wie eine Atombombe› hinterlassen.
Augenzeugen berichten, der Sturm habe eine Wirkung «wie eine Atombombe» hinterlassen. Strassen sind blockiert, die Stromversorgung ausgefallen. Es ist schwierig, dort zu landen, weil der Flugturm beschädigt ist. Auch Krankenhäuser und Schulen sind betroffen. Das erschwert die Rettungsarbeiten. Und es macht es auch sehr schwierig, sich einen Überblick zu verschaffen.
Und darum kann man wahrscheinlich auch noch nicht genau sagen, wie viele Menschen diesem Wirbelsturm zum Opfer gefallen sind?
Genau. Die Zahl der Todesopfer ist bislang unklar. Die Behörden warnen jetzt schon, dass es wahrscheinlich hunderte, wenn nicht sogar tausende Tote geben könnte. Besonders betroffen sind Gegenden mit informellen Siedlungen, in denen etwa ein Drittel der Bevölkerung lebt. Diese Menschen, die in Wellblechhüten in Slums leben, sind laut den Behörden sehr stark betroffen.
Wie schwierig wird es für Mayotte, sich von diesem Zyklon zu erholen?
Das wird sehr schwierig. Augenzeugen sprechen von Wellen, die vier bis acht Meter hoch gewesen sein sollen, vor allem auf der Nordküste der Insel. Man kann sich vorstellen, dass Wellblechhütten, die oft nicht einmal zwei Meter hoch sind, solchen Bedingungen nicht standhalten können. Ohne Unterstützung und Investitionen Frankreichs wird es für die Insel sehr schwierig sein, sich davon zu erholen.
Wie schwer gestalten sich die Rettungsarbeiten?
Heute sollen 110 französische Soldaten ankommen. Weitere 160 werden erwartet. Auch der französische Innenminister wird heute auf Mayotte erwartet. Wir werden erst heute oder morgen einen Überblick davon bekommen, was man vor Ort machen kann. Denn die Stromversorgung ist problematisch, die Kommunikationswege sind unterbrochen, die Strassen blockiert. Es ist sehr schwierig, Leute zu erreichen. Zunächst müssen Aufräumarbeiten geleistet werden, bevor man Menschen aus Gebäuden retten kann.
Das Gespräch führte Vera Deragisch.