Russlands Aussenministerium hat inzwischen die ukrainische Regierung für die Strassenschlachten und den Brand eines Gewerkschaftshauses mit zahlreichen Toten in Odessa verantwortlich gemacht.
Auch Washington entrüstet
Die Ereignisse seien auf die Unverantwortlichkeit Kiews zurückzuführen, hiess es. Moskau verurteile das Geschehen scharf, zitierte die russische Nachrichtenagentur Itar-Tass am frühen Samstagmorgen aus einer Mitteilung des Ministeriums. Die «Tragödie von Odessa» sei ein weiterer Beleg für «Kiews kriminelles Vertrauen auf Gewalt und Einschüchterung».
Die US-Regierung hat die Gewalt in der ukrainischen Schwarzmeerstadt als «unannehmbar» verurteilt. Das US-Aussenministerium forderte die Ukraine und Russland in einer Erklärung dazu auf, gemeinsam «Ruhe, Gesetz und Ordnung» wiederherzustellen.
«Die Gewalt und das Chaos, das zu so vielen sinnlosen Toten und Verletzten geführt haben, sind inakzeptabel», erklärte zudem die stellvertretende Sprecherin des Ministeriums Marie Harf.
Über 30 Tote in Odessa
Bei den schweren Strassenschlachten in der ukrainischen Hafenstadt Odessa sind den Behörden zufolge mindestens 37 Menschen ums Leben gekommen. Zudem seien bei den blutigen Krawallen zwischen prorussischen Aktivisten sowie Anhängern der Übergangsregierung in Kiew etwa 200 Menschen verletzt worden, teilte das Innenministerium der früheren Sowjetrepublik am Samstag mit.
Rund 130 Beteiligte der Ausschreitungen am Freitagabend, bei denen auch das örtliche Gewerkschaftshaus in Brand geraten war, wurden festgenommen. Die Behörden verhängten eine dreitägige Trauer. Die ehemalige Regierungschefin Julia Timoschenko reiste nach Odessa, um sich ein Bild von der Lage zu machen, wie ihre Partei mitteilte.
SRF-Reporter: Ukraine kaum zu retten
Der Gewaltausbruch in Odessa «kam nur auf den ersten Blick spontan», erklärte SRF-Korrespondent Christoph Wanner in der Nacht aus Slawjansk. Auch in der südukrainischen Stadt habe es in der Vergangenheit bereits pro-russische und pro-ukrainische Demonstrationen gegeben, die aber jetzt eskaliert seien.
Nach seiner Einschätzung ist «die Ukraine, so wie sie heute besteht, kaum noch zu retten». Die derzeitige Lage sei «eine Art Anfang des Zerfalls», meint Wanner weiter. Die Übergangsregierung in Kiew habe die Kontrolle über das Land «vollkommen verloren». Der Osten dürfte sich seiner Einschätzung nach abspalten. Die Frage sei, wie diese Teilung des Landes genau ablaufen werde. «Mit Sonderoperationen, Panzern und Scharfschützen kann man ein Land nicht retten», so der SRF-Korrespondent weiter.
Rebellen-Vormacht in Slawjansk
Ukrainische Soldaten waren am am Freitag in Vororte der ostukrainischen Stadt Slawjansk vorgerückt. Die Vormachtstellung der Rebellen dort konnten sie aber nicht brechen.
Die Separatisten warfen den Soldaten vor, bei dem Vormarsch drei Rebellen und zwei Zivilisten getötet zu haben.
Putin-Sprecher: Friedensplan torpediert
Ein Sprecher des russischen Präsidenten Wladimir Putin erklärte, die ukrainischen Sicherheitskräfte hätten aus der Luft auf Zivilisten gefeuert und mit ihrer «Strafaktion» den internationalen Friedensplan für die Ukraine torpediert.
Nach Angaben des ukrainischen Geheimdienstes SBU wurde ein Kampfhelikopter mit einer tragbaren Boden-Luft-Rakete abgeschossen. Dies belege, dass «trainierte, gut ausgebildete ausländische Spezialisten» auf Seiten den Separatisten kämpften. Russland hat bislang jede direkte Beteiligung an den Aufständen abgestritten.