Das Militärischste, das die Stockholmerinnen und Stockholmer in diesen Tagen direkt mitbekommen, ist die Ablösung der königlichen Garde vor dem Schloss in der schwedischen Hauptstadt. Nur wenige Kilometer weiter östlich findet draussen, über internationalem Gewässer in der Ostsee, jedoch ein grossangelegtes Manöver der westlichen Militärallianz Nato statt, an der sich auch Verbände der schwedischen Marine und Luftwaffe beteiligen.
Schweden richtet sich sicherheitspolitisch neu aus
Vor wenigen Tagen hat die bürgerliche Regierung Schwedens beschlossen, das Land näher an die Nato heranzuführen und Nato-Truppen künftig auch einen Einsatz auf schwedischem Boden zu ermöglichen. Bislang baute die schwedische Militärdoktrin auf Eigenständigkeit und Allianzfreiheit. Jetzt erfordere aber die sicherheitspolitische Entwicklung in Europa eine Neuausrichtung. Dieser Ansicht ist auch die sozialdemokratische Opposition im Parlament.
Angst vor Russland und Krieg
Dabei sorgt der Konflikt der in Ukraine, einem Land, das einst zur schwedischen Krone gehörte, auch bei Passanten in der friedlichen Stockholmer Altstadt für Unruhe: «Was gegenwärtig in der Ukraine abläuft, ist sehr schlimm. Putin macht uns Angst. Wir werden nicht ungeschoren davonkommen», betonen zwei Damen aus Nordschweden, welche zu Besuch in der schwedischen Hauptstadt weilen.
«Wir müssen aufrüsten»
Und der Besitzer eines Tabakladens wird noch deutlicher: «Ich habe sehr Angst davor, dass es zu einem grossen Krieg in Europa kommen wird», sagt er und hat deshalb eine klare Vorstellung davon, wie Schweden reagieren muss: «Jetzt müssen wir massiv ins Militär investieren, wir brauchen neue U-Boote, Kampfjets und Panzer», sagt der Tabakhändler und fügt hinzu, dass damit auch neue Arbeitsplätze in Schweden geschaffen werden können.
Mindestens 70 neue Gripen-Kampfjets
Tatsächlich hat die bürgerliche Regierung, aber auch die sozialdemokratische Opposition im Parlament, den sicherheitspolitischen Ball kurz vor den Wahlen aufgenommen und sich darauf geeinigt, in den kommenden Jahren mindestens 70 neue Gripen-Kampfjets zu beschaffen. Und weil auch in dieser Frage die oppositionellen Sozialdemokraten keine andere Linie vertreten, spielt die Sicherheitspolitik im laufenden Wahlkampf keine grosse Rolle.
Es gibt auch Gegner
Das findet dieser Lehrer aus Stockholm, der mit seiner Klasse die Wachablösung vor dem Schloss mitverfolgt hat, jedoch ganz falsch: «Wir sind nun wirklich nicht militärisch bedroht, Russlands Interessen beschränken sich auf Länder, wo es eine russische Minderheit gibt», sagt der Lehrer und wendet sich den heranreitenden Bläsern der königlichen Garde zu.