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International Auch Nepals kulturelle Identität liegt in Trümmern

Beim Erdbeben kamen fünf der sieben von der Unesco zum Welt-Kulturerbe erklärten Stätten zu Schaden. Nepal verlor damit wichtige Träger seiner Kulturgeschichte. Rennovationen und Rekonstruktionen aus den vergangenen Jahren zeigen aber, dass trotz der massiven Zerstörung nicht alles verloren ist.

Tausende von Touristen reisen Jahr für Jahr nach Nepal – nicht nur wegen den Bergen, sondern auch aufgrund der Kulturschätze. Im Kathmandu-Tal hat die Unesco sieben Orte mit historischen Monumenten zum Welt-Kulturerbe erklärt. Beim Erdbeben von vergangener Woche wurden deren fünf – unter anderem in den Städten Patan und Bhaktapur – schwer beschädigt.

Patans Tempelanlage liegt in Trümmern

Durbar-Platz vorher und nachher
Legende: Die Königsfamilien lebten früher rund um den Durbar-Platz. Jetzt liegt er in Schutt und Asche. zvg

In der an Kathmandu angrenzenden historischen Stadt Patan sieht es nach dem Erdbeben aus wie auf einer Baustelle. Das Erdbeben hat besonders den Durbar Platz stark in Mitleidenschaft gezogen. Einst war er das Machtzentrum eines längst vergangenen Königreichs. Jetzt bleibt von der wertvollen Tempelanlage nur noch ein Trümmerfeld.

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Die Aufräumarbeiten gehen mal sorgfältiger, mal gröber vor sich. Soldaten schieben jahrhundertealte Ziegel und Balken mit Baggern und Schaufeln auf Haufen zusammen.Andere reichen die geschnitzten Hölzer und uralten Bausteine in einer Menschenkette weiter. Im Innenhof des Palastes sollen sie von Kulturdieben sichergestellt werden.

 Dharahara-Turm
Legende: In der Altstadt von Kathmandu wurde auch der 62 Meter hohe Dharahara-Turm zerstört. Keystone

Erdbeben zerstört Identität

Es sei bereits zu Diebstählen gekommen, sagt Anil Chitrakar, der sich seit Jahren für die Bewahrung des Kulturschatzes in Patan einsetzt. Nepal habe durch das Erdbeben mehr verloren als Schnitzwerk und Goldarbeiten, sagt er: «Was wir verlieren, ist eine Identität.

Denn wenn wir von Nepal sprechen, dann sprechen wir immer auch von diesem Platz hier. Doch die Bilder, die jetzt von diesem Ort um die Welt gehen, sind Bilder der Zerstörung.»

Spendenaufruf

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Logo und Schriftzug der Glückskette

Die Glückskette ruft zu Spenden für die Erdbebenopfer in Nepal auf: Postkonto 10-15000-6 oder auf www.glueckskette.ch mit dem Vermerk «Nepal» oder mittels der Swiss-Solidarity-App.

Nicht alles wurde zerstört. Der königliche Palast, der vor einigen Jahren mit österreichischem Geld renoviert und in ein Museum umgewandelt worden war, blieb intakt. Der heute 75-jährige Architekt Götz Hagmüller leitete die Restaurationsarbeiten. Er baute traditionell, aber erdbebensicher: «Was wir als technische Neuerung dazu gebracht haben, ist die Mauern im obersten Geschoss mit einem Betonring zu verbinden.»

25 Prozent von Bhaktapur zerstört

Hagmüller lebt einige Kilometer ausserhalb von Kathmandu in Bhaktapur. Die Stadt war im 15. Jahrhundert die Hauptstadt des Landes. Sie ist mit ihren rund 80‘000 Einwohnern ein lebendiges Unesco-Weltkulturerbe.

Der österreichische Architekt war hier in den letzten 35 Jahren mit deutschen und österreichischen Geldern an der Rennovation und dem Wiederaufbau von mehr als hundert Gebäuden beteiligt. Sie haben beim Erdbeben kaum Schaden genommen.

Laut ersten Schätzungen ist die Stadt jedoch zu 25 Prozent zerstört. Es sei schlecht gebaut und noch schlechter geplant worden, sagt Hagmüller: «Das letzte Erdbeben vor 80 Jahren ist ja nicht mehr in der Erinnerung der Leute. Und es wurde ja immer wieder von Erdbebensicherheitsmassnahmen geredet, aber das war eben nur Gerede.»

Baumaterial wird wieder verwendet

In den Gassen von Bhaktapur räumen Bewohner das auf, was von ihren Häusern noch übrig geblieben ist. Auch am Hauptplatz wird aufgeräumt. Der berühmte Shiva Tempel ist eingestürzt. Helfer tragen Ziegelstein um Ziegelstein ab und legen sie säuberlich auf einen Haufen.

Rabindra Puri freut sich über den sorgfältigen Umgang mit den Ziegelsteinen: «In vielen Tempeln, die 1934 eingestürzt sind, wurde das Originalmaterial wieder verwendet. Auch von den Tempeln, die jetzt eingestürzt sind, können wir 80 Prozent wieder verwenden. Deshalb freut mich das riesig, dass diese Helfer hier jeden Ziegel bewahren.»

Der Nepalese Puri hat in Bremen Entwicklungspolitik studiert. Um mit gutem Beispiel voran zu gehen, will Puri nun einen Tempel auf eigene Kosten wieder aufbauen. «Diese Kulturerbe sind schwer betroffen, das ist schon sehr schmerzhaft, aber andererseits haben wir die Technologie und die Leute, das alles macht mich hoffnungsvoll.»

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