Nach dem Einsturz einer Textilfabrik in Bangladesch hat die EU das Land aufgefordert, internationale Sicherheitsstandards einzuhalten.
Die Arbeitsbedingungen in den Fabriken des südasiatischen Landes böten sowohl sicherheits- als auch gesundheitstechnisch grossen Anlass zur Sorge, hiess es in der Erklärung. Die EU als grösster Handelspartner des Landes bot ihre Hilfe bei der Umsetzung internationaler Standards an.
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Die EU denke nun über Anreize nach, um ein verantwortliches Verhalten bei Herstellern zu fördern, hiess es in der Erklärung weiter.
Hoffen auf Druck aus dem Ausland
Ein Problem in der Textilindustrie Bangladeschs sei, dass sich die Politiker ihre Kampagnen von Fabrikbesitzern mitfinanzieren liessen, sagt der Journalist Julfikar Ali Manik in Dhaka. Oder die Fabrikbesitzer würden gleich selber in die Politik einsteigen. Solange sich dies nicht ändere, werde es schwierig sein, die Bedingungen für Arbeiterinnen zu verbessern, zeigt sich der Journalist gegenüber Radio SRF überzeugt.
Deshalb sei internationaler Druck die einzige Möglichkeit, in Bangladesch etwas zu verändern. Entsprechend sei die Drohung aus der EU ein Segen für die Arbeiterinnen in Bangladesch: «Wir hoffen, dass damit ihre Arbeitsbedingungen und die Sicherheit verbessert werden», so der Journalist.
Wichtiger Wirtschaftszweig für Bangladesch
Auch Textilunternehmen beraten über Konsequenzen aus dem Unglück. Der irische Primark-Konzern und Loblaws aus Kanada kündigten finanzielle Unterstützung für die Hinterbliebenen an. Zudem trafen sich Vertreter von 45 Unternehmen mit dem Verband der Textilexporteure von Bangladesch, um über die Sicherheitsstandards zu sprechen. Zu den teilnehmenden Unternehmen gehörten unter anderem H&M, JC Penney, Nike und Wal-Mart.
Die Textilindustrie ist in Bangladesch ein bedeutender Wirtschaftszweig, er erzeugt rund 80 Prozent der nationalen Exporte. Da viele Arbeiter, insbesondere Frauen, für weniger als 40 Dollar im Monat arbeiten, können ausländische Konzerne hier billig produzieren.
Zahl der Toten steigt
Eine Woche nach dem Unglück sind nach offiziellen Angaben 413 Leichen geborgen worden. Mehr als 2400 Menschen wurden verletzt, als das achtstöckige «Rana Plaza» in sich zusammenfiel.
Auch am Mittwochmorgen war noch nicht klar, wie viele Menschen noch unter dem Trümmerberg liegen könnten. Angehörige liessen 1300 Namen von Vermissten bei der Polizei registrieren, dabei könnten aber viele Namen mehrfach notiert worden sein. Bei der vor einer Woche eingestürzten Fabrik handelte es sich um ein illegal errichtetes Gebäude, das fünf Werkstätten beherbergte.
Bislang wurden im Zusammenhang mit dem Unglück sieben Menschen festgenommen, darunter der Eigentümer des illegal errichteten Gebäudes.
«Hängt die Mörder, hängt die Fabrikbesitzer»
Die Wut über den Einsturz des Fabrikgebäudes entlud sich am Tag der Arbeit in der Hauptstadt Dhaka in heftigen Protesten: Zehntausende Arbeiter strömten auf die Strassen und forderten die Hinrichtung der Besitzer der fünf Fabriken.
«Hängt die Mörder, hängt die Fabrikbesitzer», rief die Menge, die mit roten Bannern und Fahnen durch Dhaka zog. Trotz der Wut der Demonstranten blieb die Kundgebung aber weitgehend friedlich.
Viele der rund 4500 Textilfabriken des südasiatischen Landes sind seit einer Woche aus Protest gegen die oft mangelhaften Sicherheitsvorkehrungen und schlechten Arbeitsbedingungen geschlossen. Für die Textilindustrie, die der wichtigste Wirtschaftszweig des Landes ist, ist dies ein harter Schlag.
Ministerpräsidentin Sheikh Hasina kritisierte Angriffe auf Fabriken und rief die Angestellten auf, zur Arbeit zurückzukehren. Sie sollten einen «kühlen Kopf» bewahren und die Fabriken am Laufen halten.