Die Russen haben sich schon gewöhnt an die TV-Bilder von Kampfjets, die Bomben abwerfen. Man bekämpfe Terroristen in Syrien und unterstütze die legitime syrische Regierung, verkündet das staatliche Fernsehen fast jeden Tag. Alexej Malaschenko schaut skeptisch auf diese Jubelbilder aus dem fernen Krieg.
Der Nahost-Experte, der für das amerikanisch finanzierte Carnegie-Institut in Moskau arbeitet, ist ein kühler, kritischer Analytiker: «Russlands Interessen in Syrien sind folgende: Es will seine militärische Präsenz im Nahen Osten behalten. Ohne den syrischen Präsidenten Assad wird das nicht gelingen. Deswegen kämpft Russland für Assad – bis zum bitteren Ende.»
Russische Logik im Syrien-Konflikt
Als im vergangenen Jahr Bewegung in die Friedensbemühungen kam, zog Moskau zuerst mit. Es habe Assad auch dazu gedrängt, an Verhandlungen teilzunehmen, sagt Malaschenko. Die Angriffe auf die Opposition stellte die russische Luftwaffe aber nicht ein: «Das Ziel war, die Opposition noch vor Beginn der Verhandlungen zu schwächen. Das hat nicht geklappt. Deswegen wird jetzt einfach weitergekämpft.»
Russland habe die Wahl gehabt, ob es auf Gespräche oder auf Bomben setze, sagt der Experte. Es hat sich offenbar für beides entschieden. Im Westen hat die russische Strategie Fragen aufgeworfen: Wie kann es sein, dass jemand für Friedensverhandlungen wirbt und gleichzeitig den Krieg eskalieren lässt?
Malaschenko spricht von einer «russischen Logik»: Was man mal begonnen habe, werde zu Ende gebracht: «Das eine zu sagen und das andere zu tun, ist charakteristisch für jede Aussenpolitik; und für die russische Aussenpolitik ganz besonders.»
Selbst wenn man davon ausgeht, dass Assad mit russischer Hilfe gewinnt: wie soll es danach weitergehen?
Im Moment sieht es auf dem Schlachtfeld gut aus für Russland und seinen Verbündeten Assad. Die Angriffe haben auch eine neue Flüchtlingswelle ausgelöst. Malaschenko sagt, der russischen Führung komme das gelegen. Ein zynischer, positiver Nebeneffekt für die Heimat-Front, sozusagen.
«Die Flüchtlingskrise kommt dem Kreml entgegen. Die ganze staatliche Propaganda berichtet seit Monaten, wie schlimm die Zustände in Europa angeblich sind», so Malaschenko. Die Botschaft für das eigene Publikum laute: «Seht her, wie schwach Europa ist; es kann nicht einmal die Flüchtlingskrise lösen.»
Trotzdem ist Malaschenko pessimistisch, was das russische Engagement in Syrien betrifft: «Selbst wenn man davon ausgeht, dass Assad mit russischer Hilfe gewinnt: wie soll es danach weitergehen? Es wird einen Guerilla-Krieg geben, anhaltende Spannungen. Ich sehe keinen Ausweg aus der syrischen Krise, zumal Russland jetzt auf Gewalt setzt.»
Das russische Staatsfernsehen will von solchen Bedenken nichts wissen. Es berichtet auch heute wieder von den Erfolgen auf dem syrischen Schlachtfeld.