Es klingt so einfach: Erfolgreiche Neuverhandlungen über die Bedingungen der britischen EU-Mitgliedschaft, eine reformierte EU und schliesslich die Empfehlung an die Wähler, für den Verbleib in dieser neuen Union zu stimmen. Das ist David Camerons Programm – in allen Einzelheiten. Mehr zu sagen, wäre riskant für den Premier.
Camerons früherer Fraktionschef, Andrew Mitchell, fand eine treffende Metapher: «Die Europapolitik ist spaltbares Material für die Konservativen»; Europa wäre demnach der volatile Reaktorkern der Partei.
Neues europäisches Paradies – oder Feigenblatt?
Bisher ist lediglich bekannt, dass EU-Migranten länger warten sollen, bis sie britische Sozialzuschüsse erhalten dürfen, die EU soll auf ihr Fernziel der immer engeren Union verzichten und jene Staaten, die nicht im Euro sind, sollen Garantien erhalten, dass sie nicht überstimmt werden können.
Das wärs dann auch schon: so sieht das neue europäische Paradies aus. Rund fünfzig scharfe Europa-Kritiker aus der konservativen Fraktion haben sich übers Wochenende zu einem Zweckbündnis zusammengeschlossen: «Conservatives for Britain» nennen sie sich.
Tom Pursglove sitzt seit einem Monat im Unterhaus, sein Standpunkt sei der seiner Wähler, sagt er: «Wenn die EU nicht zum Freihandel und dem Binnenmarkt reduziert wird, stimme ich für den Austritt.» Das ist eindeutig, aber nicht sehr realistisch.
Trotzdem verhält sich der harte Kern der Anti-Europäer so, als unterstütze er Camerons Vorgehen vorbehaltlos. Cameron sei bekanntlich ein hervorragender Unterhändler.
Rätselhaft verpackte Verhandlungsziele
Diese Meinung wird nicht überall geteilt, denn der Premierminister neigt dazu, in Brüssel britische Innenpolitik zu betreiben, gejagt und getrieben von seiner eigenen Partei. Erst gestern vollzog er eine wenig elegante Kehrtwende und widerrief seine Drohung, alle Minister müssten dereinst energisch gegen den Austritt kämpfen.
Camerons möglicher Rivale, der Londoner Bürgermeister Boris Johnson, übt sich in zuckersüssem Sarkasmus. Im höchst unwahrscheinlichen Fall, dass Cameron seine Verhandlungsziele nicht erreiche, werde er dann wohl selbst den Austritt empfehlen. Deshalb also der Eiertanz: solange die Ziele ein Rätsel bleiben, kann niemand behaupten, sie seien verpasst worden.