Der neue Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat heute seinen Posten im Brüsseler Hauptquartier der Militärallianz übernommen. Der 55 Jahre alte ehemalige norwegische Ministerpräsident folgt in dem Amt auf den Dänen Anders Fogh Rasmussen, der seit 2009 ziviler Chef des Bündnisses war.
Stoltenberg kennt Russland und Putin
Die Nato steht angesichts der Ukraine-Krise und der Auseinandersetzung mit Russland vor grossen Herausforderungen. Dem neuen Nato-Chef wird zugetraut, hier vermittelnd zu wirken: «Für Stoltenberg ist Russland nicht einfach eine fremde Grösse irgendwo im Osten, sondern ein unmittelbarer Nachbar, mit dem er es gewohnt ist, zu verhandeln», sagt Nordeuropa-Korrespondent Bruno Kaufmann.
Der frühere norwegische Ministerpräsident hat es in der Vergangenheit immer wieder geschafft, auch bei schwierigen Ausgangslagen Lösungen mit Moskau zu finden. Er habe einen guten Draht zum russischen Premier Dmitiri Mewedew und in vielen Treffen gelernt, wie man mit Russland verhandle und zu akzeptablen Lösungen komme, so Kaufmann. «Das ist sicher ein Vorteil als Nato-Generalsekretär.»
Als Beispiel für erfolgreiche Verhandlungen mit Moskau unter Präsident Wladimir Putin nennt der Korrespondent etwa die Beilegung des jahrzentelangen Grenzkonflikts in der Arktis. Insofern bestehe tatsächlich die Hoffnung, dass im belasteten Verhältnis zwischen dem westlichen Militärbündnis und Moskau mit Stoltenberg eine Art Neustart möglich sei.
Kurzfristig ist kein Wunder zu erwarten
Allerdings: Kurzfristig eine Lösung im verfahrenen Ukraine-Konflikt zu finden, dürfte auch dem versierten Vermittler Stoltenberg kaum gelingen, zweifelt Kaufmann. Zu konfrontativ sei die Situation und zu unterschiedlich die Positionen Russlands und der Nato. Immerhin sieht der Korrespondent positive Zeichen für die Zukunft: «Mittelfristig könnte Stoltenberg zu einer Verbesserung der Ausgangslage beitragen.»
Tatsächlich steht der neue Nato-Chef vor schwierigen Herausforderungen: So verlangen die Mitgliedsländer in der Mitte und im Osten Europas angesichts des undurchsichtigen Verhaltens Russlands im Ukraine-Konflikt mehr militärische Nato-Präsenz. Auch schränkten die belasteten Beziehungen zu Moskau den Spielraum Stoltenbergs stark ein, ist Kaufmann überzeugt.