Die Flucht aus der Hoffnungslosigkeit lässt bei Schleppern die Kassen klingeln. Das Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC) schätzt den jährlichen Umsatz der Menschenhändler im Mittelmeerraum auf rund sieben Milliarden Dollar.
Das Netzwerk der Schlepper reicht von Afrika bis in die Schweiz. Das berichten die «SonntagsZeitung» und «Le Matin Dimanche». Die aufwendige Auswertung von 1200 Seiten Gerichtsakten und 40'000 Telefonaten zeigen ein alarmierendes Bild.
Schlepper mit Asylgesuch in der Schweiz
Demnach haben Schlepperbosse aus Nord- und Ostafrika Verwandte oder sogar Mitglieder ihrer Banden in der Schweiz platziert. Manche dieser Personen hätten in der Schweiz Asylgesuche gestellt, schreibt die Zeitung.
Während die italienische Justiz gegen die Schlepper wegen organisierter Kriminalität vorgeht, gab es in der Schweiz noch keine derartigen Verfahren.
Mit den Ermittlungen in Italien habe die Schweiz bisher noch nicht zu tun gehabt, sagte der Leiter der Schweizer Taskforce zur Bekämpfung des organisierten Schleppertums Christophe Cerinotti zur «Tagesschau»: «Seit 2013 laufen die Ermittlungen, die Taskforce wurde aber erst 2015 eingesetzt.»
Einberufen wurde die Spezialeinheit von Justizministerin Simonette Sommaruga. nach dem Tod von 71 Flüchtlingen in einem in Österreich abgestellten Lastwagen.
Vier Strafverfahren gegen mutmassliche Schlepper
Seit dem 14. September 2015 ermitteln die Kantonspolizei Tessin, das Bundesamt für Polizei (Fedpol) und das Deutsche Bundeskriminalamt gemeinsam von Chiasso aus gegen internationale Schlepperbanden.
«Derzeit laufen vier Strafverfahren gegen mutmassliche Menschenhändler», sagt Cerinotti. Drei in Deutschland und eines in Italien. Der Kampf gegen diese hochorganisierten Schlepperbanden erweist sich als schwierig.
Cerinotti kann nicht auszuschliessen, dass sich unter den Flüchtlingen in der Schweiz auch Schlepper befänden. Der Fokus der Taskforce liege aber nicht auf gelegentliche Helfer, sondern auf die grossen Fische. Allerdings erweist sich die Beweislage häufig als schwierig, zumal die Schweiz meist nur Transitland sei.
Deshalb sei die Zusammenarbeit mit den Behörden in Italien und Deutschland essenziell. Hier gäbe es noch Luft nach oben, insbesondere in der Kooperation mit Italien.