Die Opposition warf der Spezialeinheit «Berkut» (Steinadler) vor, sie sei brutal gegen friedliche Demonstranten vorgegangen. Sie rief für diesen Sonntag zu neuen Protesten gegen Präsident Viktor Janukowitsch auf.
Die Behörden warfen den Demonstranten ihrerseits vor, sie hätten die Sicherheitskräfte attackiert. Daraufhin erst sei die Spezialeinheit vorgerückt. Die Festgenommenen seien nach kurzer Zeit wieder auf freien Fuss gesetzt worden.
Unabhängigkeitsplatz von Polizei umstellt
Ihnen drohen Geld- oder Arreststrafen wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt und Rowdytums. Hunderte Sicherheitskräfte waren im Stadtzentrum im Einsatz gewesen.
Am Vorabend hatten bis zu 10'000 Menschen friedlich für eine EU-Annäherung demonstriert und Janukowitschs Rücktritt gefordert. Etwa tausend Demonstranten waren über Nacht auf dem Unabhängigkeitsplatz geblieben, den hunderte Polizisten umstellten.
Mitten in der Nacht begann die Polizei dann nach Angaben einer Augenzeugin, mit Knüppeln auf die Demonstranten einzuschlagen und sie von dem Platz zu drängen, der bereits zentraler Schauplatz der Orangenen Revolution im Jahr 2004 war.
Prügel für alle
Die 17-jährige Studentin Maria Tschalich sagte der Nachrichtenagentur AFP, die Demonstranten hätten sich friedlich verhalten und getanzt. Dennoch seien die Polizisten mit grosser Härte gegen sie vorgegangen und hätten «unterschiedslos jeden» geschlagen.
«Sie schlugen alle – alte Menschen, Mädchen, sogar ein Kind. Sein ganzes Gesicht war blutüberströmt», sagte Tschalich. Einige Menschen seien in Ohnmacht gefallen.
«Meiner Einschätzung nach gibt es Dutzende, vielleicht sogar Hunderte Verletzte», sagte der Abgeordnete Andrej Schewtschenko von der Vaterlandspartei der inhaftierten Oppositionsführerin Julia Timoschenko.
Sanktionen gefordert
Der Oppositionspolitiker und Boxweltmeister Vitali Klitschko rief die Europäische Union zu Sanktionen gegen Janukowitschs Führung auf. Die Ex-Sowjetrepublik drohe, sich «in einen Polizeistaat und ein Zentrum der Instabilität in Europa» zu verwandeln, warnte Klitschko. Er forderte den Rücktritt der Regierung und rasche Neuwahlen.
Pro-europäische Ukrainer demonstrieren schon seit Tagen gegen den aussenpolitischen Kurs von Staatschef Janukowitsch. Nichtsdestotrotz unterzeichnete dieser auf dem EU-Gipfel zur Ostpartnerschaft am Donnerstag und Freitag im litauischen Vilnius nicht das geplante Assoziierungsabkommen mit der EU.
Die Entscheidung war vor dem Hintergrund russischer Drohungen mit Handelsstrafen gefallen. «Der Präsident hat das Schicksal und die Zukunft der Ukraine verkauft», urteilte Oppositionsführer Arseni Jazenjuk.