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International «Die Ägypten-Route wird nie eine grosse Rolle spielen»

EU-Parlamentspräsident Martin Schulz plädiert für ein Flüchtlingsabkommen mit Ägypten – ähnlich dem mit der Türkei. Doch Ägypten-Kennerin Astrid Frefel winkt ab: Ein solches Abkommen wäre allenfalls mit einem Nachbarland wichtig.

Man müsse mit Ägypten den gleichen Weg einschlagen wie mit der Türkei, sagte EU-Parlamentspräsident Martin Schulz in der «Süddeutschen Zeitung»: «Der Schutz der Flüchtlinge und die Bekämpfung des Schlepperwesens müssen im Vordergrund stehen.»

Nach Angaben der europäischen Grenzschutzagentur Frontex entwickelt sich Ägypten zu einem immer wichtigeren Startpunkt für Schlepperboote nach Europa. Stimmt diese Einschätzung? Astrid Frefel in Kairo gibt Auskunft.

Astrid Frefel

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Die Journalistin lebt und arbeitet seit Ende der Neunzigerjahre in Kairo. Davor war die Ökonomin aus Basel Wirtschaftsjournalistin für verschiedene Zeitungen und berichtete als Korrespondentin für den «Tages-Anzeiger» aus Wien und Istanbul.

SRF News: Ist die Angst der EU berechtigt, Ägypten könnte sich zum Startpunkt für Zehntausende Flüchtlinge in Richtung Europa entwickeln?

Astrid Frefel: Nur zu einem gewissen Teil. Denn die Route von Ägypten nach Europa wird nie eine grössere Rolle spielen. Diese Route gibt es schon sehr lange, im Durchschnitt kamen jeweils rund zehnmal weniger Menschen aus Ägypten nach Europa als von Libyen aus. In den letzten Monaten ist die Zahl der Flüchtlinge über die Ägypten-Route zwar etwas gestiegen, aber das gab es schon früher – je nach dem, welche Faktoren die Gesamtsituation beeinflussen.

Wieso wird die Route ab Ägypten Ihrer Ansicht nach nie so wichtig werden wie jene aus Libyen oder aus der Türkei?

Die Ägypten-Route übers Meer ist sehr lang und gefährlich, was sie auch sehr teuer macht. Auch der Landweg, der auf dieser Route zurückgelegt werden muss – etwa für die Flüchtlinge aus Zentralafrika – ist sehr lang.

Wie viele Flüchtlinge gibt es derzeit in Ägypten?

Schiffstragödie vor Ägypten

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Nach dem Untergang eines Flüchtlingsbootes vor Ägyptens Mittelmeerküste am Mittwoch ist die Zahl der Toten weiter gestiegen – auf inzwischen 112. Helfer hätten Dutzende weitere Leichen geborgen, sagte ein Sprecher des ägyptischen Gesundheitsministeriums. Viele Menschen würden noch vermisst, die Zahl der Toten werde deshalb wohl weiter steigen.

Es gibt hier sehr viele Flüchtlinge. Das heisst aber nicht, dass sie alle nach Europa wollen. Das Land ist kein derartiges «Sprungbrett» nach Europa, wie das Libyen ist. In Ägypten sind rund 200'000 Flüchtlinge registriert, allerdings sind sehr viel mehr hier. Präsident Abdel Fattah al-Sisi nannte sogar die Zahl von fünf Millionen. So leben allein aus Sudan mehr als eine Million Menschen im Land. Allerdings hat das eine lange Tradition.

Wie gross ist Sisis Interesse, einen wie von Schulz vorgeschlagenen Deal mit der EU einzugehen?

In seinem Interesse wäre sicher die finanzielle Unterstützung aus der EU, damit man etwa die Armee und die Marine besser ausrüsten könnte. Er weiss aber auch, dass er dadurch punkten könnte, denn das Thema Flüchtlinge ist in Europa ja in aller Munde. Sisi könnte also sein Image aufbessern, das angesichts der schlechten Menschenrechtslage in Ägypten angeschlagen ist.

Könnte es nicht auch sein, dass die EU nun versucht, ihr eigenes in der Flüchtlingskrise angeschlagene Image aufzubessern, indem man nun auf Ägypten zugeht und zeigt, dass man etwas tut?

Audio
Ägypten ist kein Sprungbrett nach Europa
aus Rendez-vous vom 23.09.2016. Bild: Keystone
abspielen. Laufzeit 3 Minuten 56 Sekunden.

Man versucht es wohl zuerst in Ägypten, weil man hier einen Ansprechpartner hat – im Gegensatz zu Libyen, wo das wirklich grosse Problem mit Hunderttausenden Flüchtlingen liegt, deren Ziel Europa ist. So hofft man wohl in Brüssel, mit Kairo ins Gespräch zu kommen. Allerdings sind das nicht mehr als Ideen, etwas Konkretes ist bislang nicht vorhanden.

Das Gespräch führte Ivana Pribakovic.

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