SRF News Online: Sie wohnen in Västerås, der nächsten grossen Stadt in der Nähe des Waldbrands. Sind Sie da noch sicher?
Simone Leuthardt, Augenzeugin: Im Moment sieht es so aus, ja. Gestern hingen zwar in der ganzen Stadt Rauchwolken, so dass einem die Augen brannten, wenn man zu lange durch die Strassen lief. Teilweise konnte man nicht weiter als hundert Meter sehen. Die Behörden haben deshalb die Einwohner angewiesen, alle Fenster zu schliessen und sich nicht unnötig draussen aufzuhalten. Doch nun scheint es, als ob die Gefahr – zumindest für Västerås – vorüber ist.
Wie das?
Gestern Nacht hat es ein wenig geregnet, zudem hat der Wind nach Norden gedreht. Zum Glück – denn ich weiss auch gar nicht, wie man eine Stadt von fast 150‘000 Einwohnern evakuieren würde. Zudem ist Västerås die Basis für die Löschflugzeuge, die alle von hier aus starten.
Doch für die Einwohner in den Dörfern, die näher am Brandherd wohnen, ist das natürlich kein Trost. Mehrere Tausend Menschen mussten bisher ihre Häuser verlassen.
Wie geht die Evakuierung genau von sich?
Die Behörden informieren im Voraus per Radio und Internet und gehen zum Teil auch von Tür zu Tür. Für die Evakuierung selber stehen Busse zur Verfügung. Das Problem ist, dass es sich zum Teil um sehr abgelegene Häuser handelt, bei denen die nächsten Nachbarn eine halbe Stunde entfernt wohnen. Doch die Schweden sind sehr hilfsbereit und kümmern sich auch selber darum, die Nachbarn vor dem Feuer zu warnen.
Manchmal sind sie offenbar fast ein wenig zu hilfsbereit?
Ja, tatsächlich hat es mit freiwilligen Helfern Probleme gegeben. Es gab viele Leute, die helfen wollten, das Feuer zu löschen und auf eigene Faust zum Brandgebiet gereist sind. Dabei wurde eine Gruppe von Helfern vom Feuer eingeschlossen. Sie mussten in den See springen und selber gerettet werden. Deshalb akzeptieren die Behörden jetzt keine Helfer mehr. Man kann sich aber auf andere Art beteiligen: indem man Kleider und Esswaren an bestimmte Orte bringt, die dann an die Evakuierten verteilt werden.
Hat der Staat die Lage im Griff?
Anfangs wurden die Behörden für ihre langsame Reaktion kritisiert – es brannte schon seit sieben Tagen, doch erst gestern hat der Staat die Koordination des Einsatzes übernommen. Aber jetzt informieren sie sehr offensiv: So haben sie zum Beispiel in Västerås gestern Abend verboten, im See zu baden oder Boote zu fahren, weil die Flugzeuge daraus ihr Löschwasser beziehen. Dazu haben sie eine Karte herausgegeben, wo man genau sehen kann, an welchen Orten die Löschflugzeuge landen und wo man sich nicht aufhalten darf. Dann gibt es Karten, auf denen man sehen kann, wo es brennt. Und Bürgerfragen beantworten die Verantwortlichen auch mal per Twitter.
Simone Leuthardt stammt ursprünglich aus Basel. Sie lebt seit zwei Jahren in Västerås mit ihrem schwedischen Partner. Sie arbeitet als freischaffende Autorin und Teilzeit für die Schweizer Firma uniBooks.