Die Kurden bezeichnen sich als grösstes Volk ohne eigenen Staat. Rund 24 Millionen von ihnen leben über die Länder Türkei, Irak und Iran verteilt. Seit 1984 kämpfte die Arbeiterpartei PKK mit Waffengewalt und Anschlägen für einen kurdischen Staat oder ein Autonomiegebiet im Südosten der Türkei.
In diesen gut 30 Jahren verloren mehr als 40'000 Menschen ihr Leben. Bis heute wird die PKK sowohl von der Türkei als auch von der EU und den USA als Terror-Organisation eingestuft. Seit 1999 sitzt ihr Führer Abdullah Öcalan in einem Gefängnis auf einer Insel bei Istanbul in Haft; er war auf der Flucht in Kenia verhaftet worden.
Von der Maximalforderung nach einem unabhängigen Staat ist die PKK, die ihr Hauptquartier in den irakischen Kandil-Bergen hat, nach eigenene Angaben mittlerweile abgerückt. Zusammen mit der islamisch-konservative AKP-Regierung in Ankara bemüht sie sich mittlerweile um einen Friedensprozess.
Langsame Annäherung zwischen Kurden und Ankara
Ankara hat den Kurden schrittweise mehr Rechte zugestanden. Allerdings wird beispielsweise in staatlichen Schulen weiterhin kein Unterricht auf Kurdisch angeboten. Im März 2013 rief die PKK eine Waffenruhe aus. Bald darauf begann sie mit dem Abzug von Kämpfern aus der Türkei. Im September setzte sie diesen allerdings aus, weil sie mangelndes Entgegenkommen der türkischen Regierung beklagte.
Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hatte derweil verschiedentlich seinen Friedenswillen betont. So bezeichnete er an seiner Neujahrsansprache an Silvester 2014 die Aussöhnung mit den Kurden als «grösstes gesellschaftliches Projekt der Türkei».
Kampf gegen IS als Prüfstein für den Friedensprozess
Gefährdet wurde der Friedensprozess zuletzt von den Kämpfen um die syrisch-kurdische Stadt Kobane. Dort stellten sich PKK-nahe Kurden-Einheiten 2014 der Terrormiliz IS entgegen.
Erst nach längerem Zögern liess Erdogan Peschmerga-Kämpfer aus Nordirak über türkisches Gebiet den Kurden in Kobane zu Hilfe kommen. Im Oktober kamen bei Demonstrationen für den Schutz Kobanes im kurdisch geprägten Südosten der Türkei mehr als 40 Menschen ums Leben. Die türkische Armee flog die ersten Luftangriffe auf PKK-Stellungen in der Türkei seit der Waffenruhe; es kam zu Gefechten.
Ende Februar war es schliesslich Abdullah Öcalan, der wieder Bewegung in den Friedensprozess brachte. Er rief seine Anhänger dazu auf, eine Niederlegung der Waffen zu beschliessen. Dazu solle noch im Frühjahr ein Kongress einberufen werden. Mit diesem solle eine «neue Ära der Brüderlichkeit» beginnen, bekräftigte der PKK-Führer heute in einer Botschaft an seine Anhänger.