Was erwartet die durchschnittliche republikanische Wählerin, der durchschnittliche republikanische Wähler von der eigenen Partei? David Frum ist der Frage nachgegangen und hat eine unerwartete Antwort gefunden: «Diese Leute wollen die Sicherung der Sozialwerke für Leute, die älter als 65 Jahre sind. Sie sind nicht wirklich reich, fehlende Arbeit und stagnierende Löhne bereiten ihnen deshalb Sorgen. Die republikanischen Durchschnittswähler fürchten einen Abbau bei der Krankenkasse – sie wollen, dass die Zuwanderung besser kontrolliert wird.»
Der durchschnittliche grosse Geldgeber wolle dagegen genau das Gegenteil, so Frum weiter. «Mehr Zuwanderung und billige Arbeitskräfte, Abbau der Sozialwerke und Steuerrabatte.» Der reiche republikanische Unterstützer wolle zurück in eine Zeit ohne Obamacare.
Diametral entgegengesetzte Ziele
Das sind diametral unterschiedliche Vorstellungen und Interessen zwischen jenen, die in der Grand Old Party etwas zu sagen haben und jenen, die sie wählen. Die republikanische Basis will keinen Kasino-Kapitalismus, wie ihn die grossen Geldgeber wollen. Sie will aber auch keinen Kuschelstaat, wie ihn sich die Demokraten wünschen. Die republikanischen Wähler wollen etwas in der Mitte, auch etwas mehr soziale Sicherheit.
Bis zur Finanz- und Wirtschaftskrise sei es der Spitze gelungen, die Wählerinnen und Wähler ruhig zu stellen, sagt Frum. Präsident George W. Bush baute zum Beispiel die staatliche Gesundheitsvorsorge für Senioren noch aus. Doch nach 2007 sei damit Schluss gewesen. Die Parteispitze mit ihren Financiers und das Parteivolk begannen sich immer stärker voneinander zu entfremden.
Analyse war auf Jeb Bush zugeschnitten
Warum hat das in der Parteileitung niemand bemerkt? Frum hat verschiedene Erklärungen parat: «Die vermögenden Geldgeber leben in einer eigenen Welt. Und ihre Berater sagen ihnen, was sie hören wollen. Der Tenor: Ja, sie haben Recht, Sir. Und hier ist eine Honorarnote, Sir!»
Einen weiteren Faktor bilde Jeb Bush: «Schon 2013 war klar, dass Jeb kandidieren würde. Damals liess die Partei eine Analyse erstellen, um herauszufinden, wie sich das Weisse Haus zurückerobern lässt. Am Bericht schrieben mehrheitlich Bush-Leute mit, die die Analyse so drehten, dass sie genau auf Jeb Bushs Profil passte – und nicht auf jenes der Partei», sagt Frum.
Missverständnis um Tea Party
Das grösste Missverständnis habe jedoch bezüglich der Tea-Party-Bewegung bestanden, sagt Journalist Frum: «Die Tea-Party-Leute waren zu Recht besorgt, dass die staatliche Krankenkasse für Senioren, Medicare, zugunsten von Obamacare abgebaut wird, dass ein Teil des Geldes nicht mehr an sie, sondern an neue Bevölkerungsgruppen geht. Doch die Partei-Elite dachte, die Tea-Party-Bewegung verfolge dieselben Ziele wie die Kommentatoren des Wall Street Journals – eine radikale freie Marktwirtschaft. Das war total falsch.»
Trump hat diese Lücke gesehen – oder gefunden. Er ist extremer als die anderen Kandidaten, er will die Einwanderung, und damit die Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt, nicht nur bremsen, sondern mit einer Mauer zu Mexiko stoppen.
Trump möchte überdies Obamacare nicht abschaffen, sondern mit einer besseren Lösung ersetzen. Die Sozialsysteme für Senioren will er nicht antasten. Kein Wunder, hat Trump am «Super Tuesday» mit diesem Programm weitere Staaten dazugewonnen.