Der ägyptische Präsident Mohammed Mursi ist weg. Abgesetzt durch das Militär. Während Staats- und Regierungschefs in aller Welt klare Worte – von Glückwünschen bis Ablehnung – finden, übt sich Washington in Zurückhaltung. Man nehme die Absetzung Mursis durch die Armee mit tiefer Besorgnis zur Kenntnis, liess Barack Obama verlauten. Man stehe nicht hinter einer bestimmten Gruppierung oder Partei in Ägypten sondern hinter dem demokratischen Prozess. Dabei vermied es der US-Präsident tunlichst von einem «Putsch» zu sprechen.
Wichtiger Verbündeter
Laut Volker Perthes, dem Direktor der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin liegt der Grund in den engen Beziehungen der beiden Länder. «Ägypten ist einer der wichtigsten Verbündeten der USA im Nahen Osten und aus geostrategischer Sicht von sehr grosser Bedeutung. Nicht zuletzt wegen des Friedensvertrages mit Israel und angrenzenden Ländern wie Libyen und dem Sudan.»
Darum liegen laut Perthes eine stabile ägyptische Regierung und eine starke Armee im Interesse der Amerikaner. «Der grösste Teil der hohen Militärs ist in den USA ausgebildet und die Armee erhält jährlich 1,3 Milliarden Dollar an Zuschuss von Washington.» Sollte die USA anerkennen, dass die Absetzung Mursis ein Militärputsch war, müssten die Gelder sistiert werden. Ein US-Gesetz verbietet nämlich Militärhilfe an Länder, in denen eine demokratische gewählte Regierung durch einen Militärputsch abgesetzt wurde.
Drängen auf schnellen Übergang
Dass die USA Mühe, hat im Falle Ägyptens Stellung zu beziehen, zeigte sich bereits bei der Absetzung vom autokratischen Ex-Präsidenten Husni Mubarak. Dieser war 30 Jahre lang ein enger Verbündeter Washingtons. Als die Proteste gegen das Regime Anfang 2011 aber immer heftiger wurden, liess Obama Mubarak fallen. Die USA drängten damals wie heute auf einen schnellen Übergang zu einer demokratischen Regierung. «Man stellte sich nach der Absetzung Mubaraks auch schnell hinter die neue Regierung und Mohammed Mursi, den neuen Präsidenten Ägyptens.»
Mehr zur Lage in Ägypten
Wie das politische Regime am Ende aussieht, spielt für die USA eine zweitrangige Rolle, denn laut Perthes stehen realpolitische Interessen im Vordergrund. Für Washington gäbe es nichts Schlimmeres als politische Instabilität im verbündeten Land am Nil. Zwar sei der Idealzustand aus Perspektive der USA ein stabiles demokratisches Regime. Nur: «diesen Idealzustand hat man nicht immer. Darum hat man auch mit Mubarak zusammengearbeitet, solange er an der Macht war.» Gleichzeitig habe Washington Mubarak aber auch immer wieder dazu gedrängt, das Land demokratisch zu öffnen und seine Gegner nicht zu arg zu verfolgen.