Er ist 65 Jahre alt und hat eine beachtliche Karriere hinter sich – Dominique Strauss-Kahn oder DSK, wie ihn die Franzosen nennen. Ab 1977 unterrichtet er an verschiedenen Universitäten Wirtschaft. Er engagiert sich auch politisch bei den Sozialisten. 1986 wird er erstmals in die Nationalversammlung gewählt.
Es folgen diverse politische Ämter. Zwischendurch widmet er sich wieder der Lehrtätigkeit, eröffnet seine erste Anwaltskanzlei. 1997 wird DSK unter Premier Lionel Jospin Wirtschaftsminister. 10 Jahre später steht er an der Spitze des Internationalen Währungsfonds (IWF).
Der Anfang des politischen Endes
Dann beginnt der persönliche Fall von Strauss-Kahn. Zuerst bringt ihn eine Liaison mit einer IWF-Mitarbeiterin in Bedrängnis. Doch nach einer internen Untersuchung nimmt die Frau eine Abfindung an und verlässt den IWF. Das verschaftt DSK wieder Luft.
Vier Jahre später wird Strauss-Kahn als Topfavorit der Sozialisten für die Präsidentschaftswahlen von 2012 gehandelt. Das höchste politische Amt ist zum greifen nah. Doch dann steht Strauss-Kahn in Handschellen auf einem Polizeirevier im New Yorker Stadtteil Harlem. Dies ist der Anfang seines politischen Endes:
Mai 2011: Die Verhaftung
Am 14. Mai 2011 wird DSK auf dem JFK-Flughafen in New York festgenommen und unter Anklage gestellt.
Eine Angestellte des New Yorker Hotels Sofitel wirft ihm vor, sie in seinem Hotelzimmer zum Oralsex gezwungen zu haben. Er weist die Vorwürfe zurück.
Diese Vorwürfe kosten DSK aber den Chefposten beim IWF. Am 18. Mai 2011 erklärt er – aus der Untersuchungshaft – seinen Rücktritt.
Auch die politische Karriere in Frankreich wird gestoppt. Ende Juni wollte er seine Kandidatur für das Amt des Staatspräsidenten offiziell bekannt geben.
Juni 2011: Die öffentliche Verschmähung
Vor der Anhörung in New York muss Strauss-Kahn einstecken. So etwa vor dem Gerichtsgebäude: Dort stehen hunderte Menschen – vor allem Zimmermädchen – und schreien «Shame on you» (Schäm Dich).
Die Bilder seiner Vorführung bei Gericht schockieren die Franzosen. Ihr Topfavorit für das Präsidentenamt wird in den USA regelrecht vorverurteilt.
Juli 2011: Die Anklage wird fallengelassen
Im Prozess gegen DSK zeichnet sich eine Wende ab: Die Staatsanwaltschaft zweifelt die Glaubwürdigkeit des Zimmermädchens an. Denn sie lügt bei den Anhörungen als es um ihre Fluchtumstände aus Afrika geht und darüber, wie viele Kinder sie hat.
Die Frau ist plötzlich nicht mehr glaubwürdig – an den Vorwürfen gegen DSK hat sich aber nichts geändert. Trotzdem: Die Anklage gegen Dominique Strauss-Kahn wird fallen gelassen.
Doch das mutmassliche Opfer reicht Zivilklage gegen DSK ein und fordert Schadenersatz.
Unterdessen kehrt DSK als feier Mann nach Frankreich zurück. Dort erhebt eine französische Autorin ebenfalls happige Vorwürfe gegen Strauss-Kahn. Die französische Justiz leitet eine Vorermittlung wegen versuchter Vergewaltigung im Jahr 2003 ein.
August 2011: Die Vorwürfe bleiben
Am 23. August 2011 stellt das New Yorker Gericht das Strafverfahren gegen Dominique Strauss-Kahn ganz ein.
SRF-Korrespondent Arthur Honegger liest den Antrag des Staatsanwalts auf Fallenlassen des Verfahrens durch. Seine Analyse: «Wenn man das durchliest, wird schnell klar, es gibt nach wie vor viele Indizien, die Strauss-Kahn massiv belasten. So etwa die Sperma-Flecken auf dem Kleid der Hotelangestellten. Doch weil sie in einem anderen Zusammenhang gelogen hat, ist die Staatsanwaltschaft jetzt nicht mehr bereit mit ihr diesen Prozess zu riskieren.» Genau genommen sei es also kein Freispurch für DSK, sondern der Abbruch des Verfahrens.
Das Zivilverfahren der Hotelangestellten um Schadenersatz endet im Dezember 2012 mit einer aussergerichtlichen Einigung. Strauss-Kahn soll der Frau 1,5 Millionen US-Dollar bezahlt haben.
Immer wieder Sex-Geschichten
Nun steht der ehemalige IWF-Chef wegen der sogenannten Carlton-Affäre erneut vor Gericht. Der Vowurf: bandenmässig organisierte Zuhälterei.Diese Geschichte nimmt ihren Anfang im Herbst 2011 in Lille – fünf Wochen nachdem DSK in New York vom Vorwurf der Vergewaltigung «freigesprochen» wird. 14 Männer sind angeklagt, einer von ihnen ist Dominique Strauss-Kahn. Es geht um Sexpartys mit Prostituierten.
Der Prozess wegen «schwerer gemeinschaftlicher Zuhälterei» dauert voraussichtlich drei Wochen. Den Angeklagten drohen bis zu 10 Jahre Haft.