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International Entsteht ein Dominoeffekt auf der Balkanroute?

Mit der geplanten Einführung einer Obergrenze für Asylbewerber hat Österreich ein kleines Erdbeben ausgelöst. Die grosse Frage ist nun, wie die Länder auf der Balkanroute reagieren werden. SRF-Auslandredaktor Christoph Wüthrich glaubt, dass das Schlepperwesen Auftrieb erhalten könnte.

Nach dem Beschluss Österreichs eine Obergrenze für Flüchtlinge einzuführen, bleiben die Reaktionen nicht aus. Mehrere Länder auf der so genannten Balkanroute haben Massnahmen angekündigt und wollen die Flüchtlinge nicht mehr ungehindert durchlassen. SRF-Auslandredaktor Christoph Wüthrich ordnet die Reaktionen ein.

SRF News: Wie sehen diese Massnahmen konkret aus?

Christoph Wüthrich: In den letzten 24 Stunden ist ein ähnlicher Dominoeffekt angelaufen wie schon im November, als die Länder auf der Balkanroute beschlossen haben, dass sie nur noch Flüchtlinge aus Syrien, Irak und Afghanistan weiterlassen. Jetzt haben von Slowenien bis Mazedonien wieder alle Länder den Durchlass von Flüchtlingen beschränkt – jeweils mit unterschiedlicher Begründung. Serbien beispielsweise sagt, man lasse nur noch Flüchtlinge weiter, die in Deutschland oder in Österreich Asyl stellen wollen. Flüchtlinge mit dem Ziel Skandinavien will man nicht mehr durchlassen. Mazedonien hat die Grenze zu Griechenland komplett geschlossen. Dies mit einer etwas wirren Begründung: Die Mazedonier sagen, es gebe Probleme beim Bahntransport Richtung Norden. Ich denke, die Länder wissen nicht genau, was es bedeutet, wenn Österreich jetzt eine Obergrenze festlegt. Aus diesem Grund wollen sie den Flüchtlingsstrom möglichst bremsen.

Was befürchten diese Länder?

Die Länder auf der Balkanroute wollen nicht zu grossen Auffanglagern für Europa werden. Ihr Ziel ist es, nicht mehr Flüchtlinge von Süden her einreisen zu lassen, als sie Richtung Norden weiterreichen können. Die Länder sind zwar schon bereit Flüchtlinge in einem Ausmass, das ihrem Wohlstand entspricht dauerhaft aufzunehmen. Bei ein paar tausend Flüchtlingen hat man zugesagt, sie aufzunehmen. Die Länder sagen aber auch, dass die Flüchtlinge gar nicht bei ihnen bleiben wollen.

Die Länder auf der Balkanroute wollen nicht zu grossen Auffanglagern für Europa werden.

Im Spätsommer und Herbst war die Situation entlang der Balkanroute prekär. Wie ist die Lage jetzt?

Es ist aus zwei Gründen ruhiger geworden: Erstens wurden nur noch Flüchtlinge aus Syrien, Irak und Afghanistan weitergelassen. Zweitens spielt das Winterwetter eine Rolle. Es sind weniger Leute von der Türkei übers Meer nach Griechenland gekommen. Das hat man auch weiter oben gespürt. Im Sommer haben die Zahlen pro Tag 9000 bis 10‘000 betragen. Jetzt sind sie auf maximal 2000 pro Tag heruntergegangen. Der Transport und die Unterbringung der Flüchtlinge auf der Route über den Balkan haben in letzter Zeit ziemlich reibungslos funktioniert. Jetzt ist einfach die grosse Frage, was mit den Leuten passiert, wenn es an der Grenze zwischen Griechenland und Mazedonien zum Stau kommt. Dort werden Verpflegung und Unterkunft nicht gewährleistet sein.

Ich könnte mir vorstellen, dass jetzt das Geschäft für die Schlepper noch grösser wird.
Audio
Kommt es zum Dominoeffekt?
aus SRF 4 News aktuell vom 21.01.2016.
abspielen. Laufzeit 3 Minuten 35 Sekunden.

Ist es für Mazedonien überhaupt möglich, die Grenze zu Griechenland zu schliessen?

Ich bin mir nicht ganz sicher. Es könnte sein, dass etwas Ähnliches passiert wie im November, als die Grenze für Leute, die nicht aus Syrien, Irak oder Afghanistan kommen, geschlossen wurde. Damals haben sich zuerst tausende Leute gestaut, später waren es noch hunderte und am Schluss waren die Leute weg. Ich könnte mir vorstellen, dass jetzt das Geschäft für die Schlepper noch grösser wird. Die Leute suchen nun möglicherweise Wege, die man nicht sieht. Vielleicht werden auch neue Routen aufgehen, beispielsweise über Albanien und Montenegro, von Griechenland direkt nach Italien oder vermehrt nach Bulgarien - das ist schwer zu sagen. Sollten diese Leute aber neue Wege suchen, wird es für sie unsicherer, teurer und gefährlicher.

Das Gespräch führte Lukas Mäder.

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