Die Türkei wählt zum zweiten Mal in weniger als fünf Monaten ein neues Parlament. Die islamisch-konservative AKP von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan will dabei ihre absolute Mehrheit zurückerobern, die sie im Juni verloren hatte.
Umfragen zufolge sieht es nicht danach aus, dass ihr das gelingt. Sollte sie weniger als die Hälfte der 550 Parlamentssitze auf sich vereinigen, gilt die sozialdemokratische CHP als aussichtsreicher Koalitionspartner.
Auch ein Bündnis mit der nationalistischen MHP ist denkbar. Spannend dürfte auch werden, ob die pro-kurdische HDP erneut den Sprung über die Zehn-Prozent-Hürde schafft.
Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hatte die Neuwahl ausgerufen, als nach der Abstimmung am 7. Juni keine Regierungskoalition zustande kam. Damals hatte die AKP erstmals seit der Übernahme der Regierung im Jahr 2002 die absolute Mehrheit der Sitze verfehlt, die bei 276 liegt. Grund dafür war der überraschende Einzug der HDP ins Parlament.
Erdogan zielt auf die absolute Mehrheit
Erdogan sagte bei seiner Stimmabgabe in Istanbul, man werde den nationalen Willen respektieren müssen, der bei der Wahl zum Ausdruck komme. «Die Türkei hat in Sachen Demokratie eine weite Strecke zurückgelegt.»
Der Verlust der absoluten Mehrheit im Juni war auch eine Niederlage für Erdogan. Er hatte vor der Juni-Wahl Wahlkampf für die von ihm mitbegründete AKP betrieben, obwohl die Verfassung dem Staatsoberhaupt Neutralität vorschreibt.
Erdogans Ziel ist die Einführung eines Präsidialsystems, wofür er aber eine starke AKP-Alleinregierung benötigt. Die Opposition wirft Erdogan vor, er habe eine Koalition verhindert, um bei der Neuwahl doch wieder eine absolute Mehrheit für die AKP zu bekommen.
Die Wahllokale sind mittlerweile geschlossen. Vorläufige Ergebnisse werden am Sonntagabend erwartet.