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Beschneidung in Grossbritannien
Aus Tagesschau vom 16.04.2014.
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International Erster Prozess wegen weiblicher Beschneidung in Grossbritannien

Sie leiden stumm und scheuen die Öffentlichkeit. Mädchen und Frauen, die aufgrund ihrer kulturellen Herkunft beschnitten sind. In Grossbritannien ist zum ersten Mal Anklage gegen einen Arzt und ein Helfer erhoben worden: Sie sollen eine Frau nach der Geburt genital verstümmelt haben.

Obwohl weibliche Beschneidung – auch Female Genital Mutilation FGM genannt – in Grossbritannien seit 1985 illegal ist, kommt es gut 30 Jahre später erstmals zu einer Anklage. Ein Arzt eines Spitals und ein Helfer mussten sich gestern wegen weiblicher Genitalverstümmelung, der sogenannten Reinfibulation, vor einem Londoner Gericht verantworten. Der Prozess wurde auf den 2. Mai verschoben.

66‘000 Fälle in Grossbritannien

Formen und Spätfolgen bei FGM

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Bei der Beschneidung gibt es verschiedene Formen. Sie reichen von der Entfernung der Vorhaut bis hin zur gesamten Entfernung der äusseren Genitalien und dem Zunähen oder Verkleinern der Vagina.

Die Spätfolgen sind vielfältig:

  • Unfähigkeit Geschlechts-verkehr zu haben
  • Störung der Sexualfunktion
  • Schmerzen
  • Probleme beim Wasserlassen

Der Fall ist keine Einzeltat. In Grossbritannien sind gemäss Schätzungen 66‘000 Frauen von FGM betroffen, davon 24'000 Mädchen, die dem Risiko einer Beschneidung ausgesetzt sind.

Der besagte Fall ereignete sich im November 2012 am Whittington Hospital im Norden von London. Die betroffene Frau hatte bereits eine sogenannte Infibulation durchgemacht, eine der gravierendsten Formen der Beschneidung.

Bei der Infibulation werden die äusseren weiblichen Genitalien entfernt und bis auf eine kleine Öffnung zugenäht. Für die Geburt wird die Vagina geöffnet (Deinfibulation) und nach der Geburt wieder zugenäht (Reinfibulation). Genau das soll der Arzt und sein Gehilfe vorgenommen haben.

Menschenrechtsorganisationen vermuten, dass die Frau selbst eingewilligt haben könnte. Die Erfahrung zeige, dass Frauen mit FGM keine Alternativen kennen würden, da sie bereits in der Kindheit beschnitten wurden. Auch sei der Druck der Familie und der ethnischen Gemeinschaft sehr hoch, die Angst vor einer Ausgrenzung dementsprechend gross.

Wichtiger Präzedenzfall

Schwarzer Mann mit Brille
Legende: Der angeklagte Arzt verlässt den Westminster Magistrates' Court. London, 15. April 2014. Reuters

Der angeklagte Arzt und sein Helfer können aufgrund des aus dem Jahr 2003 stammenden «Genital Mutilation Act» bis zu 14 Jahren Gefängnis verurteilt werden. Es ist der erste Prozess dieser Art in Grossbritannien.

Der Präzedenzfall könnte der Forderung an die Regierung, mehr gegen häusliche Gewalt an Frauen vorzugehen, zudem positive Schlagzeilen liefern. In Grossbritannien steht die Problematik der weiblichen Bescheidung schon längerem im Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit. Kampagnen von NGO’s und eine kürzlich eingereichte Petition gegen weibliche Beschneidung haben den Druck auf die Regierung erhöht, entschiedener dagegen vorzugehen.

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