Jetzt wird es ernst: Vier Tage nach dem Brexit-Referendum müssen erste Weichenstellungen her. Noch-Premier David Cameron kündigte vergangene Woche an, seine Nachfolgeregierung werde das Austrittsbegehren in Brüssel nach seinem voraussichtlichen Rücktritt im Oktober deponieren.
Die EU reagierte zuerst empört. Das Parlament, die Kommission und die Aussenminister der sechs Gründungsstaaten der damaligen europäischen Gemeinschaft verlangten rasche Gespräche über den Ausstieg, um weitere Turbulenzen zu vermeiden. Cameron solle das Austrittsverfahren am Dienstag am EU-Gipfel förmlich auslösen, lautete die Forderung.
Einen Tag vor dem EU-Gipfel zeichnen sich nun folgende Positionen ab:
- EU-Parlament und EU-Kommission: Sie bleiben bei der Forderung, London solle das Austrittsbegehren so rasch wie möglich deponieren, am liebsten schon am EU-Gipfel am Dienstag.
- EU-Staats- und Regierungschefs: Diplomaten in Brüssel nahmen am Sonntagabend wieder etwas den Druck von Cameron und reden nun davon, den Briten mehr Zeit für das Austrittsbegehren geben zu wollen.
«Die Regierungschefs scheinen ihrem Noch-Kollegen David Cameron grösseres Verständnis entgegen zu bringen als die EU-Parlamentarier», sagt EU-Korrespondent Oliver Washington. Eigentlich wünschten sich aber alle, dass es nach dem Brexit-Votum so schnell wie möglich vorwärts geht. Nur so lasse sich die Unsicherheit auf den Märkten eindämmen. Im Grunde habe Brüssel aber gar keine Möglichkeit, die Briten zum Vorwärtsmachen zu zwingen.