Die Balkanländer sollen der EU in der Flüchtlingskrise helfen und Migranten auf ihrem Weg nach Westeuropa aufhalten. Minister beider Seiten vereinbarten bei einer Westbalkan-Konferenz in Luxemburg erste Massnahmen. So sollen Länder wie Bosnien-Herzegowina, Mazedonien, Serbien, Albanien, Montenegro und Kosovo ihre Grenzen künftig besser schützen.
Gleichzeitig sollen die Balkanstaaten Migranten in ihrem Land besser unterbringen, Asylverfahren schneller abwickeln und falls nötig abgelehnte Bewerber abschieben. Ziel ist auch, gegen Menschenschmuggler und illegale Einwanderung vorzugehen und eine politische Lösung für den Bürgerkrieg in Syrien zu finden.
Schnellere Rückführung
Die sechs Balkanländer sollen auf der geplanten EU-Liste der «sicheren Herkunftsländer» stehen, in die EU-Staaten Flüchtlinge leichter abschieben können. Umstritten ist aber nach wie vor, ob auch die Türkei auf die Liste kommen soll.
Zuvor hatten die EU-Innenminister bei einem Treffen beschlossen, abgelehnte Asylbewerber und sogenannte Wirtschaftsmigranten künftig schneller abzuschieben. Dies ist nach Ansicht der EU-Innenminister notwendig, um ausreichend Platz für Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien zu haben. «Höhere Rückkehrquoten sollten zur Abschreckung für die irreguläre Migration dienen», heisst es im Beschluss der Minister. Bislang liegt die tatsächliche Rückkehrquote bei 40 Prozent.
Um diese Zahl zu erhöhen, soll die EU-Grenzschutzagentur Frontex bei Abschiebungen helfen und schutzberechtigte Asylbewerber bald nach der Ankunft identifizieren. Dafür wird das Personal in den derzeit entstehenden Aufnahmezentren (Hotspots) in Italien und Griechenland verzehnfacht von 60 auf 670 Personen. Das sagte der für Migration zuständige luxemburgische Aussenminister Jean Asselborn.
Auch Bundesrätin Simonetta Sommaruga nahm an den Treffen in Luxemburg teil. Für Sommaruga ist das «Funktionieren der Hotspots die absolute Voraussetzung für die Umverteilung». Und auch Asselborn machte deutlich: «Ohne 'Hotspots', keine Umverteilung.»
Dauerhafter Verteilschlüssel noch umstritten
Die EU will zudem auch Rücknahmeabkommen mit den Herkunftsländern besser nutzen. Die Minister stimmten auch zu, rund 400 Millionen Euro aus dem EU-Budget für die Migration bereitzustellen.
Die Minister sprachen auch über einen dauerhaften Mechanismus für die Verteilung von Flüchtlingen. Da dieser nach wie vor umstritten ist, kann er aber erst zu einem späteren Zeitpunkt beschlossen werden. Nach langen Debatten hatten sich die EU-Staaten im September vorerst auf die Verteilung von insgesamt 160'000 Flüchtlingen geeinigt. Am Freitag sollen die ersten Flüchtlinge aus Italien verteilt werden, Zielland ist Schweden.
Von einer neuen Flüchtlingspolitik der EU könne trotz des Massnahmenpakets aber nicht die Rede sein, bilanziert SRF-Korrespondent Sebastian Ramspeck. Zwar würden nun einzelne Staaten besser unterstützt, aber eigentlich gehe es primär darum, geltendes Recht konsequent anzuwenden. «Es gehört wirklich zu den Widersprüchen der europäischen Asylpolitik, dass es zwar strenge Regeln gibt, diese werden aber von einzelnen Mitgliedsstaaten oft missachtet.» Das soll sich nun ändern.