Die Uefa zeigt gerne eine heile Fussballwelt – etwa in ihre Landesfarben gehüllte und geschminkte Fans mit lustigen Hüten, die sich im Stadion mit ihrem Team freuen – oder mitleiden. Letzten Samstag gab aber auch die anderen Bilder: die von russischen Hooligans, die nach dem Schlusspfiff blindwütig einen englischen Fanblock angreifen.
Während der Ausschreitungen flimmerten weiterhin die Szenen vom Spielfeld über den Bildschirm. Die deutschen Sender ARD und ZDF legten daraufhin offiziell Beschwerde bei der kameraführenden Uefa ein.
ARD-Teamchef Jörg Schönenborn sagt, man wolle alles Wichtige zeigen, was im Stadion passiert: «Es ist eine Frage der Glaubwürdigkeit. Wir erwarten, dass wir bei künftigen Vorfällen entweder Livebilder bekommen, oder kurz danach aufgezeichnetes Material.» Er hoffe für das Publikum, dass das gelinge.
Stimmung nicht anheizen
Die Uefa liess verlauten, man wolle keine Gewaltszenen zeigen und den Randalierern keine Bühne bieten. Womöglich war das in der aufgeheizten Stimmung in Marseille tatsächlich hilfreich. Dort verfolgten Fans aus beiden Lagern das Spiel vor der Grossleinwand.
Aber die Szenen im Stadion lassen sich in Zeiten von Handykameras und Social Media nicht wegleugnen, und wer die Bilder zeigen will, sollte auch darauf auch Zugriff haben, sagen die deutschen Sender.
Beim Schweizer Fernsehen musste der Kommentator gleich einem Radioreporter die Szenen schildern. Das sei so gewünscht, sagt Sven Sarbach, Leiter für Sport-Grossanlässe bei der SRG. «Bei uns ist klar, dass die Kommentatoren verbal darauf eingehen, damit die Zuschauer und Zuhörer ein journalistisch korrektes Bild davon erhalten, was im Stadion passiert.»
Manchmal eigene Kameras
Die diversen Fernsehsender haben auch die Möglichkeit mit eigenen Kameras im Stadion zu filmen, aber aus Personal- und Kostengründen können sie nicht alle Spiele mit eigenem Material abdecken. Das ist bei ARD/ZDF, aber auch bei der SRG der Fall.
Die SRG hat vor allem bei den Spielen der Schweizer Nationalmannschaft eigene Kameras. Sarbach sagt dazu: «Dort, wo wir unsere eigenen Kameras haben, können wir auf die Livebilder schalten. Wenn wir keine eigenen Kameras haben, werden wir die Bilder nachliefern, sobald sie bei uns eintreffen.»
SRG wartet Uefa-Entscheid ab
Die SRG wartet nun ab, wie die Uefa auf die Beschwerde der deutschen Sender reagiert und berät danach das weitere Vorgehen. Dass der europäische Fussballverband gewisse Bilder nicht zeigt, ist übrigens nicht neu.
Wenn zum Beispiel Flitzer das Spielfeld betreten, sieht man sie im Fernsehen nicht. Die Uefa will damit Nachahmer vermeiden. Und auch die grosse Schwester, die Fifa betreibt diese Bild-Politik bereits seit Jahren. Die heile Fussballwelt lässt sich damit aber auch nicht aufrechterhalten.